Der Verliebte – der in seiner Form auf die Zeichnung „Kopfträger“ aus dem Jahr 1922 (Zentrum Paul Klee, Bern) zurückgeht – hebt ab, schwankt wie ein hohler Globus im siebten Himmel, ein aufgeblasenes, kopflastiges Wesen mit verkümmertem Körper. In seinem grauen Gehirn lagert diagonal das korsettierte Mädchen, ihr Kopf mit Locken und Herzmund, unten ganz Marionette mit gespreizten Schenkeln und hochhackigen Schuhen, ein „zweites Gesicht“ sitzt in der Scham. Der eifersüchtige Egomane glotzt verbiestert, die Hampelfrau als Objekt sexueller Begierde. Mit Ironie hat Klee die erotischen Sehnsüchte in der Balance gehalten und sie zugleich zerstört. Die Lithografie „Der Verliebte“ entstand in einer Auflage von 100 Exemplaren für die 1923 in Weimar erschienene „Meistermappe des Staatlichen Bauhauses“ mit acht Blättern von Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Gerhard Marcks, László Moholy-Nagy, Georg Muche, Oskar Schlemmer, Lothar Schreyer und eben Klee. Dessen Blatt wurde in der gesamten Auflage auf einer roten Tonfläche gedruckt, während das vorliegende Werk aus dem Museum Berggruen – in dieser Form ein Unikat – als erster Zustand der Lithografie in Schwarz-Weiß die spätere Zutat des violinschlüsselartigen Gebildes am Körper des Mannes und die Inschrift „der Verliebte“ noch nicht enthält. Klee hat den ersten Zustand handschriftlich bezeichnet: „1923 91 Der Verliebte Probedruck des schwarzen Steines erster Zustand, handaquarelliert Klee“. | Roland März