Die sommerlichen Aufenthalte auf der Ostseeinsel Fehmarn in den Jahren 1912 bis 1914 bedeuteten für Kirchner einen erholsamen Ausgleich zum hektischen und großstädtischen Alltag in der Metropole Berlin sowie die Umsetzung seines Ideals eines Lebens in Einklang mit der Natur. Neben zahlreichen Bildern nackt badender Menschen in kreatürlicher Einheit mit den Elementen (vgl. „Badende am Strand [Fehmarn]“, B 133) entstand auch eine bedeutende Werkgruppe mit Landschaftsdarstellungen. Die Natur hat dabei stets etwas Urwaldartiges, wächst in überbordender Üppigkeit und bildet so den Rahmen für Kirchners Sehnsucht nach dem vermeintlich Ursprünglichen. Im „Haus unter Bäumen“ sind die Spuren menschlicher Zivilisation zwar erkennbar, und eine zeichenhaft aufgefasste Figur läuft auf einem Weg. Die buschige Vegetation scheint jedoch alles zu überwuchern und spannt sich wie ein behütendes Dach über die menschliche Behausung, die sich klein und unbedeutend wegduckt. Der Mensch ist in Kirchners Darstellung nur ein verschwindender Teil der Schöpfung. | Janina Dahlmanns