Von Herden schwarzer Büffel bewohnt, ein Herd der Malaria, die oft auch Rom heimsuchte, erstreckte sich die Sumpflandschaft der Paludi Pontine einst südöstlich von Rom beiderseits der Via Appia. Nach dem Verfall der antiken Entwässerungsanlagen gelang eine erneute Trockenlegung erst im 20. Jahrhundert. »Man sieht«, schrieb Kopisch seinem Auftraggeber zu dem Bild, »über die pontinischen Sümpfe in das tyrrhenische Meer, in welches die Sonnenscheibe soeben versinken will. Der purpurrote Sciroccohimmel wird von Überschwemmungswassern gespiegelt, welche der Fluß Nymphaeus zum Meere führt. Im Hintergrund zur Linken erhebt sich aus den schilfigen Ebenen das Vorgebirge Monte Circello die vormalige Insel der Kirke, noch ferner eine der Ponza-Inseln. Zur Rechten des Flußes sieht man eine verfallene Wasserleitung aus den Zeiten der Caesaren; im Vordergrunde eine halb römische, halb mittelaltrige Burgruine mit rundem Thurm. Die Staffage bildet eine Heerde wilder Büffel, die von Ufer zu Ufer schwimmt« (Kopisch an Wagener, 24.12.1848, SMB-ZA, IV/NL Wagener, Künstlerbriefe). Eine Versvariante dieser Beschreibung unterstreicht das Sublime, die schreckenerregende Erhabenheit des Verfallenden: »Sieh die Zertrümmerung baut uns Stufen: hinan, wir erreichen / Jetzo die Zinnen des Thurms! / […] Ins Gewog’ sinkt flammend die Sonne: / Während Sciroccogewölk, durchleuchtetes, purpurgefärbtes, / Steiget und Blut ausgießt in den Glanz allspiegelnder Wasser, / die, den Gebirgen entströmt, irr laufen im schrecklichen Sumpfe« (zit. nach: August Kopisch, Ausst.-Kat., Berlin 2016, S. 239).
Der auf die Ferne gerichtete Blick aus der Höhe spart den Vordergrund aus. Kopischs Aufmerksamkeit für extreme Farblichtphänomene wurde gewiß verstärkt durch seine Wiederentdeckung (gemeinsam mit Ernst Fries) der Blauen Grotte auf Capri. Fries wiederum brachte ihm aus München den Kolorismus seines Lehrers Carl Rottmann mit; ebenso ist die Nähe der Diorama- und Transparentmalerei spürbar. Das Bild der pontinischen Sümpfe mit der farbigen Spiegelung des Himmels in fragmentierten Wasserflächen erinnert auch an Caspar David Friedrichs Spätwerk »Das Große Gehege bei Dresden« (um 1832, Galerie Neue Meister, Dresden). Das Licht – Urphänomen und Schauspiel – scheint aber, weit eher als die Gegenwart des Göttlichen, die Macht physikalischer Kräfte zu offenbaren.
Von dieser Komposition gab es einst drei Fassungen. Die wohl erste, stark beachtete Ausführung von 1839 (bis 1945 im Stadtschloß Potsdam, Kriegsverlust) galt dem Zeitgenossen Friedrich Eggers als Hauptwerk des Künstlers, der häufig »auf dem gefährlichen Fußsteige zwischen dem Sublimen und dem Sonderbaren« wandele und den ein »Streben nach dem Außergewöhnlichen« leite (Deutsches Kunstblatt, 4. Jg., 1853, H. 19, S. 159–160). 1848 erwarb der Stifter der Nationalgalerie Wagener eine Wiederholung der Komposition. Im Entstehungsjahr dieser Zweitfassung erschien Kopischs berühmte Gedichtsammlung »Allerhand Geister«, darin »Der Nöck« und »Die Heinzelmännchen«. Eine dritte Fassung befand sich nach Boetticher in Privatbesitz (F. Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. 1/2, Dresden 1895, S. 774). | Claude Keisch
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