Den Sommer des Jahres 1891 verbrachte Liebermann in Katwijk und Scheveningen. In beiden Orten entstanden Ansichten von Dorfstraßen und Dorfplätzen, jeweils mit Frauen und Kindern vor weißgekalkten, niedrigen Häusern mit roten Schindeldächern (vgl. M. Eberle, Max Liebermann, Bd. 1, München 1995, Nr. 1891/10-12 und 14). Das Pastellgemälde wird in diesem Zusammenhang entstanden sein, oder Liebermann hat das ansprechende Motiv, wie das der »Kuhhirtin« etwa (Kunsthalle Bremen), noch Jahre später in der gefälligeren Technik des Pastells wiederholt (vgl. ebd., S. 388). Nach Margreet Nouwen (Liebermann-Archiv, Berlin) hatte ein befreundeter Kunsthändler Liebermann geraten, die lieblichen Eigenschaften des Pastells einzusetzen, um die Kunstsammler an seine eher herben Sujets zu gewöhnen. Nicht als Vorarbeit, sondern als Resümee entstanden so speziell in den neunziger Jahren große, bildmäßige Pastellarbeiten. Aber auch zahlreiche Porträts führte Liebermann in dieser Technik aus.
Diese Arbeit, bei ihrer ersten nachweisbaren Erwähnung 1929 als »Landschaft in Katwijk. Pastellgemälde« bezeichnet, ähnelt im Motiv dem Gemälde »Dorfstraße in Scheveningen« von 1891 (verschollen; vgl. ebd., Nr. 1891/14), die örtliche Zuweisung der dargestellten Szene bleibt offen. | Angelika Wesenberg
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