Die elegische Traumstimmung und zahlreiche symbolische Bezüge machen das Bild zu einem charakteristischen Frühwerk Hofmanns. In der Zeitschrift »Pan« (2. Jg., H. 3, S. 181) zeigte Hofmann bereits 1896 eine Lithographie gleichen Titels und ähnlicher Komposition. Die Gesichtszüge der jungen Frau auf dem Gemälde gleichen denen der Flora auf dem gleichnamigen Bild von 1898 in Aquarell, Öl und Gold über Kohle, das nach Familienüberlieferung zur Verlobung entstand (Privatbesitz; vgl. Stilkunst um 1900 in Deutschland, Ausst.-Kat., Berlin 1972, Kat.-Nr. 70; O. Fischel, Ludwig von Hofmann, Leipzig 1903, Abb. 74). Auch auf unserem Bild ist also wohl Hofmanns Braut Eleonore Kekulé (1878–1968) dargestellt, die Tochter des Archäologen Reinhard Kekulé von Stradonitz. So erklärt sich der kostbare Eindruck des Werkes; es ist in feinen Farbmodulationen auf eine Holztafel gemalt, die für einen älteren italienischen Rahmen zugeschnitten wurde. Ganz ähnlich verfuhr Begas bei dem Bildnis seiner Braut (»Madonna mit Kind«, Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 1085). Der Kopf der Dargestellten ist bei Hofmann in reinem Profil gegeben; er erinnert an die schönlinigen Frauenbildnisse der Florentiner Renaissance, auch Eigentümlichkeiten der Malweise (das Inkarnat) verweisen auf dieses Vorbild. | Angelika Wesenberg
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