Johann Martin von Rohdens spät entstandenes Gemälde gewährt einen Ausblick auf die von der Abendsonne beschienene bergige Landschaft bei Tivoli. Im verschatteten Vordergrund rechts kniet eine junge Frau in rot-blau-weißer Tracht vor einem Madonnenbild, das in der Nische eines verfallenen, von Büschen und Bäumen bewachsenen Gemäuers hängt. Ihr Kind hat sie vor sich auf den Boden gelegt. Die Komposition rahmend, ragt links ein prächtiger alter Olivenbaum auf. Wie in fast allen seinen Werken gab der »Lyriker der Landschaft« (F. Noack, Deutsches Leben in Rom, Bd. 1, Stuttgart 1907, S. 481) den Pflanzenwuchs detailreich und sorgfältig wieder. Mit einer besonders sensiblen Lichtführung und in zarten Farbstufungen hat der Künstler die Landschaft harmonisch in die Tiefe entwickelt. Es sei keine Frage, schrieb Tschudi, daß in Rohdens Bildern »eine der frühesten Äußerungen modernen landschaftlichen Empfindens vorliegt […]. Rohden schafft schon im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Landschaften von einer Zartheit der Luftstimmung, von weichem schimmerndem Licht durchflossen, wie wir ihnen erst zehn Jahre später bei Corot wieder begegnen« (H. von Tschudi, Gesammelte Schriften zur neueren Kunst, München 1912, S. 184). | Birgit Verwiebe
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