Als Wilhelm Gentz im Frühjahr 1850 zum ersten Mal nach Ägypten aufbrach, war die Orientmalerei bereits voll entfaltet. Die ›Fremde‹ war in ihrer für die europäischen Augen so wundersamen Exotik von Künstlern wie Horace Vernet (Nationalgalerie, Inv.-Nr. W.S. 244) oder Eugène Delacroix in eindrücklichen Bildern eingefangen worden. Für Gentz wurde die Reise nach Ägypten und Nubien zum Schlüsselerlebnis, das seine ganze künstlerische Karriere als vielleicht erfolgreichster deutscher Orientmaler maßgeblich bestimmen sollte.
1864 und 1868 reiste er erneut nach Ägypten und besuchte wiederum Kairo, die »märchenhafte Stadt aus ›Tausend und einer Nacht‹« (Brief vom 30.3.1850, in: W. Gentz, Briefe einer Reise nach Ägypten und Nubien 1850/1851, Berlin 2004, S. 47), die er in zahlreichen Studien und Skizzen festhielt. Höchstwahrscheinlich entstand auch die vorliegende Ölstudie während dieser zweiten Ägyptenreise. Sie zeigt in leuchtendem Kolorit eine aus Kairo aufbrechende Karawane. Die braunen Konturen der anskizzierten Komposition sind stellenweise sichtbar geblieben. Diese Technik hatte Gentz in Paris bei Thomas Couture gelernt, der die zuerst auf die Leinwand aufgebrachte Pinselzeichnung – das ›ébauche‹ – bei manchen Partien des ausgeführten Gemäldes bewußt durchschauen ließ, um der vollendeten Komposition dadurch den Ausdruck des Spontanen zu verleihen. | Regina Freyberger
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