Das Königreich Loango nördlich der Kongo-Mündung gehörte seit dem 17. Jahrhundert zu den wichtigsten Zentren des Atlantischen Handelssystems. Die durch den langen Austausch zwischen Europäern und Afrikanern entstandene kosmopolitische Gesellschaft und Kultur findet einen Ausdruck in den Elfenbeinschnitzereien, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Verkauf an Europäer produziert wurden. Dieser beschnitzte Elefantenstoßzahn – die häufigste Art des Souvenirs – zeigt eine Abfolge genrehafter Szenen, die in spiralförmig um die Längsachse gewundenen Reihen arrangiert sind. Der kompositorische Gebrauch dieses Spiralmotivs ist von den europäisch inspirierten Oliphanten aus dem christlichen Königreich Kongo abgeleitet. Zwar spiegeln die narrativen Profildarstellungen den europäischen Geschmack wider, stellen aber zugleich auch eine Auseinandersetzung mit der damaligen Situation und der wachsenden europäischen Übermacht dar. Abgebildet wird neben Szenen aus der Tierwelt – wahrscheinlich Illustrationen von Sprichwörtern – der Alltag dieser Handelsgesellschaft: Notabeln, Träger, Gefangene u.a. Europäische Güter und Bekleidung kommen häufig vor, während an der Spitze des Zahnes der mächtige Europäer vor seinem Tisch eine informelle, nach lokalem Verständnis sozial unästhetische Körperhaltung einnimmt. / P.I.
Sammler: Bastian, Adolf
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