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Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [1647A]
https://id.smb.museum/digital-asset/5655768 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Volker-H. Schneider (CC BY-NC-SA)
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Johannes auf Patmos / Szenen der Passion Christi (John on Patmos / Scenes of the Passion of Christ)

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Beschreibung

In ’s-Hertogenbosch, das seit 1184 Stadtrechte besaß und damals zum Herzogtum Brabant gehörte, lebte und arbeitete Hieronymus Bosch, der eigentlich Hieronymus van Aken hieß, da seine Vorfahren aus Aachen stammten. Nach seiner Vaterstadt, die er zeitlebens nicht verlassen hat, nannte er sich später Bosch. Sein Name, der neben denen der größten niederländischen Künstler zu nennen ist, hat ’s-Hertogenbosch der Provinzialität entrissen und in die Annalen der Kunst eingehen lassen. Zu den Bewunderern seiner Kunst gehörten Philipp der Schöne, Herzog von Burgund und Brabant, Margarete von Österreich, Statthalterin der Niederlande, der Kardinal Grimani in Venedig, Diego de Guevara, Schatzmeister der Margarete von Österreich, und König Philipp II. von Spanien. Vor allem Philipp II. hat die Faszination der Kunst Boschs, dessen Werke er in seinen Privatgemächern im Escorial aufstellen ließ, besonders tief empfunden. Die bemalte Tischplatte mit den sieben Todsünden und den vier letzten Dingen (Madrid, Prado) hat den strenggläubigen König zu immer neuen Betrachtungen angeregt. Auch in seiner Sterbestunde stand sie ihm als »memento mori« vor Augen. In der Tat steht Bosch hinsichtlich der Themenstellungen und künstlerischen Gestaltung seiner Bildwelt völlig für sich allein. Selten hat ein Künstler den Betrachter seiner Werke auf so unmittelbare Weise anzusprechen versucht, ihm die Torheit und Schlechtigkeit der Welt und die aus den Todsünden erwachsenden Folgen so direkt vor Augen geführt. In vielen seiner Werke erscheint Bosch als ein Moralist im christlichen Sinne. Seine Darstellungen menschlicher Verirrungen sind Ausdruck einer Zeit, die das un - mittelbar bevorstehende Ende der Welt und die Schrecken des Jüngsten Gerichts vorausfühlte und nicht begriff, daß sich die Menschheit nicht bekehrte, sondern dem Diesseits mit aller Intensität hingab. In dieser Hinsicht ist das Werk Boschs zugleich eines der eindrucksvollsten Zeugnisse für die geistige Einstellung des Menschen am Ende des 15. Jahrhunderts, kurz vor Beginn des Zeitalters der Reformation. Die überlieferten Themen, Szenen aus dem Leben und der Passion Christi sowie Szenen aus dem Leben der Heiligen, hat Bosch mit großer Eindringlichkeit, jedoch in weitgehender Abhängigkeit von der ikonographischen Tradition behandelt. Dennoch begegnet uns auch hier ein Aspekt, den es vorher in dieser Form nicht gab. Die Sphäre des Heiligen ist umgeben von einer Welt, deren beherrschende Lebensform böse ist. Die Erde wird von Dämonen bevölkert, die aus menschlichen, tierischen und leblosen Teilen zusammengesetzt sind und ungeachtet aller Lebensferne dennoch lebensfähig sind. In dieser Umgebung erscheinen auch die Heiligen in sich gekehrt und duldend in stiller Standhaftigkeit. Diesen Eindruck vermittelt auch Boschs Johannes auf Patmos, ein Bild, dessen Deutung sich uns relativ leicht erschließt. Dargestellt ist Johannes, den das Mittelalter mit dem Verfasser der Apokalypse identifizierte. Er sitzt auf der mit Gras bewachsenen Böschung eines hohen Berges, das geöffnete Buch auf dem Knie, die Schreibfeder in der rechten Hand haltend. Das jugendliche Antlitz ist im Profil zum Himmel emporgerichtet. Hinter dem Heiligen erstreckt sich eine weite Landschaft, die sich in dunstiger Ferne verliert. Ein schlanker Baum im Mittelgrund verdeutlicht die Tiefe des Landschaftsraumes mit seiner Fülle von Einzelmotiven. Wir erblicken einen breiten Strom mit buchtenreichen Ufern, Hügel, Wälder, Wiesen, einen Bauernhof und eine Stadt am Horizont. Es ist eine friedvolle Landschaft, die weniger an die griechische Insel Patmos als an die Ebene des Niederrheins, die Gegend um Arnhem oder Nijmegen erinnert. Die genauere Betrachtung zeigt allerdings, daß der Friede trügerisch ist. Schiffe stranden und versinken brennend unfern des rettenden Ufers, an dem der Radgalgen des Hochgerichts als wenig tröstliches Zeichen aufragt. Von all dem scheint der Heilige nichts zu merken. Seine Aufmerksamkeit gilt ganz der himmlischen Vision, auf die ihn der Engel hinweist, der hinter ihm auf halber Höhe des im Mittelgrund aufragenden Berges steht. Er hat große, phantastisch geformte Flügel, die wie sein Gewand, seine Hände und sein Gesicht ganz in ein weißliches Blau getaucht sind, das in den Himmel überleitet. Inmitten der bleichen, von Wolken umgebenen Sonnenscheibe ist hoch am Himmel das apokalyptische Weib erschienen, das seit dem 12. Jahrhundert mit der Gottesmutter identifiziert wurde. Dieses hält das Kind auf dem Schoß, trägt die Sternenkrone auf dem Haupt und sitzt auf der schmalen Sichel des Mondes (Apokalypse 12, 1). Unter dem Eindruck dieser Vision hebt der Heilige die Feder, um das Geschaute niederzuschreiben. Bei ihm ist sein Symboltier, der Adler, den Bosch in Gestalt des ihm vertrauteren Falken wiedergab. Mit scharfem Blick wacht das Tier über die zu Füßen seines Herrn liegenden Schreibutensilien, deren sich das von rechts nähernde teuflische Wesen mit einer eisernen Harke zu bemächtigen sucht. Erschreckt weicht der Dämon mit hochgeworfenen Armen zurück. Er ist eines jener sonderbaren Mischwesen, wie sie uns aus vielen Bildern von Bosch vertraut sind. Auf einem kugelförmigen Leib, in dem ein Pfeil steckt, sitzt ein bleiches menschliches Gesicht mit hageren Zügen und einer Brille. Eine brennende Kugel auf dem Haupt, spitze Flügel sowie der Schwanz und die Beine eines Geckos, der nächtlich lebenden Echsenart, bezeichnen das Wesen als Abgesandten der dunklen Mächte. Dämonen bevölkern die ebenfalls bemalte Rückseite der Tafel. Nur schemenhaft heben sie sich vom dunklen Grund ab. Man erahnt Gestalten, die auf Fischen reiten, einen Mann mit geschulterter Leiter und topfförmigem Helm sowie einen großen Krug, eine Glocke, eine Harfe und einen mächtigen Fisch mit weit aufgerissenem Maul, dem ein Schwarm Vögel entfliegt. Es hat den Anschein, als blicke man in die ewige Nacht des Weltraumes, wären nicht die da und dort eingestreuten Blumen, die anzeigen, daß es sich um die nächtlich dunkle, von Dämonen beherrschte Erde handelt. In hellem Licht und monochromer Farbgebung hebt sich im Zentrum des Bildfeldes eine runde Scheibe ab, auf deren äußerem Ring die Szenen der Passion Christi in rascher Folge nacheinander dargestellt sind. Der Kreislauf beginnt mit der Ölbergszene und führt im Uhrzeigersinn über die Gefangennahme, die Befragung durch Pilatus, die Geißelung, Dornenkrönung, Kreuztragung und Kreuzigung bis hin zur Grablegung. Die Szenenfolge kulminiert in den auf Golgatha errichteten Kreuzen, die vor einer weiten Landschaft aufragen. Unter dem Kreuz sind Maria und Johannes allein zurückgeblieben, während eine Frau mit einem Kind an der Hand eilends den Ort des Geschehens verläßt. Die Dunkelheit hinter der fernen Stadt am Horizont geht bei der Grablegung allmählich in die Helligkeit des Ostermorgens über. Es fehlt die Szene der Auferstehung. Trost verheißt dennoch die Mitte des Kreises: Hier ragt ein steiler Fels aus den stillen Wassern einer weiten Landschaft empor. In seiner Höhlung brennt ein Feuer, während auf dem Gipfel ein mächtiger Vogel seine Schwingen ausbreitet. Es ist der Pelikan, der sich die Brust mit dem Schnabel aufreißt, um seine Jungen mit dem eigenen Blut zu nähren. Diese Legende ist als Symbol des Blutopfers Christi und der Erlösung des Menschen gedeutet worden. In drei Etappen führt Hieronymus Bosch den Betrachter aus der von Dämonen beherrschten Finsternis auf Erden über die mit dem Leidensweg Christi einsetzende Helligkeit hin zum strahlenden Licht im Zentrum des Kreises, das die Hoffnung auf Erlösung verheißt. Auf diese Weise hat er dem Dualismus zwischen der christlichen Heilslehre und dem Wirken der höllischen Mächte greifbaren Ausdruck verliehen. Es hat den Anschein, als habe sich Bosch auf die Worte des Johannes-Evangeliums bezogen: »Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht begriffen« (Johannes 1, 5). | 200 Meisterwerke der europäischen MalereiGemäldegalerie Berlin, 2019 SIGNATUR / INSCHRIFT: Bez. rechts unten: Jheronimus [bosch] |--Hier Übersetzung--::::: Living and working in ’s-Hertogenbosch – which had been granted town rights in 1184, and belonged at the time to the Dukedom of Brabant – was a man named Hieronymus Bosch, who was actually named Hieronymus van Aken, since his forebears came from Aachen. He later named himself Bosch after his hometown, which he never left during his lifetime. His name, which merits mention alongside the greatest Netherlandish artists, deprived ’s-Hertogenbosch of its provincial status, entering it into the annals of art history. Among aficionados of his artwork were Philip the Good, Duke of Burgundy and Brabant, Margaret of Austria, Governor of the Netherlands, Cardinal Grimani in Venice, Diego de Guevara, treasurer to Margaret of Austria, and King Philip II of Spain. Philip II in particular was fascinated and deeply affected by Bosch, whose works he had set up in his private chambers in the Escorial. The deeply pious sovereign returned again and again to contemplate the painted tabletop with the Seven Deadly Sins and the Four Last Things (Madrid, Prado). Even in his dying hours, it stood before him as a memento mori. With regard to his choice of themes and their artistic shaping, Bosch stood completely alone. Rarely has an artist sought to address viewers of his works in such a direct fashion, to illustrate with such immediacy the folly and wickedness of this world and the consequences that follow from the Deadly Sins. In many of his works, Bosch appears as a moralist in the Christian sense. His representations of human obliquity are the expression of a time that anticipated the imminent end of the world and the terrors of the Last Judgment, and could not understand how humanity could refuse conversion, instead surrendering to worldly things with all intensity. In this regard, the works of Bosch are among the most striking testimonies to the spiritual attitude that prevailed in the late 15th century, shortly before the era of a Reformation. Bosch addressed traditional themes, scenes from the life and Passion of Christ, as well as from the lives of the saints, with tremendous urgency, and at the same time in ways that were substantially independent of iconographic conventions. Nevertheless, we encounter one element not found previously in quite this form. Here, the sphere of the sacred is surrounded by a world whose prevailing lifeform is evil. The earth is peopled by demons composed of human, animal, and inanimate components which, irrespective of their remoteness from reality, are nonetheless capable of life. In this environment, the saints too appear to retreat into themselves, suffering in silent steadfastness. This impression is conveyed as well by Bosch’s Saint John on Patmos, an image that is relatively accessible to interpretation. Depicted is John, who was identified in the Middle Ages as the author of the Apocalypse. He is seated on the grassy embankment of a tall mountain, an open book on his knee, holding a quill in his right hand. His youthful countenance, which he raises towards the heavens, is shown in profile. Extending behind the saint is an expansive landscape, which becomes lost in the hazy depths. A slender tree situated in the middle distance clarifies the depth of the landscape space, with its abundance of individual motifs. We espy a broad river with abundant coves situated along its banks, hills, forests, meadows, a farm, and a town on the horizon. It is a peaceful landscape, which recalls less the Greek island of Patmos then the lowlands of the Lower Rhine, the region around Arnhem or Nijmegen. A closer examination however, suggests that this peace is all too deceptive. Ships become stranded and sink, engulfed in flames, not far from the safety of the river- banks, where the execution wheel of the criminal court towers upward, a less than consoling symbol. The saint seems oblivious to all of this. His attention is wholly fixated on his celestial vision, towards which an angel – seen standing in the middle ground approximately halfway up the steep mountainside – calls his attention with a gesture. The angel has large, fantastically shaped wings, which have been dipped – like his garments, hands, and face – in a whitish blue that effects a transition to the sky. Visible high up in the heavens, at the centre of the pallid disc of the sun, which is surrounded by clouds, is the Woman of the Apocalypse, associated since the 12th century with the Mother of God. She holds the Christ child on her lap, wears a crown of stars on her head, and is seated on a narrow crescent moon (Apocalypse 12:1). Under the impression of this vision, the saint lifts his quill in order to write down what he has seen. Standing alongside him is his symbolic animal, the eagle, which Bosch represents in the more familiar form of a falcon. With its sharp eye, the animal watches over the writing utensils that lie at the feet of its master, which a devilish creature, seen approaching from the right, attempts to seize with an iron hook. Alarmed, the demon retreats, arms thrown upward. It is one of those strange hybrids that are familiar to us from many pictures by Bosch. Positioned atop a spherical body, which has been pierced by an arrow, is a pale human countenance with gaunt features and eyeglasses. The flaming orb on its head, the pointy wings, along with the tail and legs of a gecko, a nocturnal species of lizard, identify this creature as an emissary of the dark powers. The rear side of the panel as well is populated by demons. They are visible against the dark background only as shadowy forms. Recognisable are figures that ride fishes, a man shouldering a ladder with a pot-shaped helmet, as well as a large jug, a bell, a harp, and a massive fish with a wide-opened mouth from which a flock of birds flies. If not for the flowers scattered here and there, which indicate that we gaze upon nocturnal darkness, on an earth ruled by demons, the viewer would perhaps have the impression of gazing into the eternal night of the cosmos. At the centre of the pictorial field, bathed in bright light and set off distinctly from the background, is a round, monochrome disc on whose outer ring the scenes of Christ’s Passion are depicted in rapid succession. The cycle begins with the scene on the Mount of Olives, and continues clockwise with the Taking of Christ, the Interview with Pilate, the Flagellation, the Crowning with Thorns, the Carrying of the Cross, and all the way to the Entombment. The sequence culminates in the crosses erected on Golgatha, which loom up into a broad landscape. Under Christ’s cross, only Mary and John remain, while a woman holding a child by the hand hurries away from the scene of these events. Near the Entombment, the darkness behind the distant town on the horizon yields gradually to the brightness of the Easter morning. Missing is the scene of the Resurrection. Comfort is nonetheless promised by the middle of the disc: here, steep cliffs tower up out of the still waters of a vast landscape. Burning in a cavity is a fire, while on the summit, a powerful bird spreads its wings. It is the pelican, which pierces its own breast with its beak in order to nourish its young with its blood. This legend has been interpreted as a symbol of the blood sacrifice of Christ and the redemption of humanity. In three stages, Hieronymus Bosch leads the beholder from the darkness of an earth dominated by demons, to the growing light that begins with Christ’s Passion, and finally to the brilliant light at the centre of the circle, which signifies the promise of redemption. In this way, he endows the dualism between the Christian doctrine of salvation and the influence of the infernal powers with palpable expression. One has the impression that Bosch invokes the words of the Gospel of Saint John: “And the light shineth in darkness, and the darkness comprehended it not” (John 1:5).| 200 Masterpieces of European Painting – Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Öl & Eichenholz

Maße

Bildmaß: Passion 63 x 43,3 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 63 x 43.3 cm, Bildmaß: Johannes 62,8 x 43,2 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 62.8 x 43.2 cm, Rahmenaußenmaß: 74,9 x 55,5 x 7,5 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 74.9 x 55.5 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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