Die Darstellung von Herkules und Omphale nimmt ein im Barock besonders beliebtes und gerade auch für herrschaftliche Geschenke - wie es solcherart preziöse Elfenbeingruppen wohl häufig waren - reizvolles Thema der antiken Mythologie auf: Omphale, Königin von Lydien, hatte Herkules als Sklaven gekauft, wie es diesem durch Orakelspruch auferlegt war. Er verbrachte drei Jahre im Dienst der Königin. Als sie erfuhr, wer der Sklave war, nahm sie ihn zum Gemahl. In blinder Liebe zu ihr und verweichlicht durch üppiges Leben ließ sich Herkules auf Geheiß der Königin dazu herab, Wolle zu spinnen und andere Frauenarbeit zu verrichten, wogegen Omphale sein Löwenfell trug, wie es die Elfenbeingruppe darstellt. Nach drei Jahren erkannte der Held seine Verblendung und verließ Omphale.
Darstellungen von Herkules und Omphale in Elfenbein spielen im Schaffen des Bildhauers Balthasar Permoser eine besondere Rolle. Vier sehr ähnliche Versionen sind bekannt, die sich jedoch in Details und auch in ihrem künstlerischen Rang unterscheiden. Zwei der um 1700 entstandenen Gruppen befinden sich im Grünen Gewölbe zu Dresden, eine dritte in der Eremitage zu St. Petersburg. Die vierte ist die des Berliner Kunstgewerbemuseums. Eine der beiden Dresdner Gruppen wurde von Permoser signiert. Sie bildet die Grundlage für die Zuscheibung der drei anderen. Das Berliner Werk zeigt nicht nur die merkwürdige Kombination der rundplastisch gearbeiteten Figuren des Herkules und des Cupido mit der rückseitig beschnittenen und für eine andersartige Montage vorbereiteten Omphale zun einer Gruppe, sondern auch deutliche Unterschiede in der künstlerischen Qualität der einzelnen Figuren: Während der Herkules voll physischer Spannkraft dargestellt ist und Oberfläche und Körper höchst artifiziell aufeinander bezogen sind, erscheint die Omphale-Figur bildhauerisch weniger raffiniert gearbeitet. Dies ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass nicht alle Teile der Gruppe von Permoser eigenhändig geschaffen worden sind.
Lothar Lambacher
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