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Kunstgewerbemuseum [1904,130]
Christian Ernst Kleemeyer (zugeschrieben), Bodenstanduhr mit Säule, um 1785, Inv. Nr. 1904,130 (Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin CC BY)
Herkunft/Rechte: Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin / Oliver Ziebe, Berlin (2020) (CC BY)
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Christian Ernst Kleemeyer (zugeschrieben), Bodenstanduhr mit Säule, um 1785, Inv. Nr. 1904,130

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Beschreibung

Bei dieser Uhr handelt es sich um einen bestimmten Typus, den der Berliner Uhrmacher und Uhrenfabrikant Christan Ernst Kleemeyer (1739-1799) häufig für seine Flötenwerke benutzte. Eine sehr ähnliche Flötenuhr mit Säule aus seiner Fabrikation befand sich vor 1921 im Parolesaal des Berliner Schlosses (Auktion Christie’s Amsterdam, 2016), mindestens zwei weitere Flötenuhren mit Säulen vom gleichen Uhrmacher sind in Privatbesitz bekannt.
In der hier vorgestellten Uhr gibt es allerdings nur noch ein Geh- und Schlagwerk. Das Musikwerk im unteren Kasten ist nicht bzw. nicht mehr vorhanden. Aufgrund des Gehäusetyps, der Dekoration mit Musikinstrumenten und einiger konstruktiver Details im Inneren des Kastens sowie mit Hilfe von Vergleichen mit ähnlichen Flötenuhren kann davon ausgegangen werden, dass diese Uhr ursprünglich mit einem Musikwerk, wahrscheinlich einem Flötenwerk, ausgestattet war.
Ende 1904 kaufte das Kunstgewerbemuseum die Uhr von „S. Ratzersdorfer & Sohn in Wien“ an. Das war wohl der Grund dafür, diese Uhr lange Zeit als ein Wiener Produkt anzusehen. Die erhaltene Mechanik verweist aber eindeutig auf Berlin als Herstellungsort. Bei den oben erwähnten Verkäufern der Uhr handelt es sich höchstwahrscheinlich um Nachfahren von Hermann Ratzersdorfer. Dessen Vater vertrieb bereits Antiquitäten in Wien. Hermann selbst besaß eine Kunstsammlung und betrieb von 1843 bis 1881 in Wien eine Bijouterie- und Schmuckwarenfabrik, die sich auch der Imitation von alten Möbeln, Porzellanen und anderem Kunsthandwerk früherer Epochen widmete. Sie bestand offenbar noch bis in die Zeit des Ersten Weltkrieges. Die unten beschriebenen Veränderungen in der Gehäusekonstruktion können auf einen späteren Umbau hindeuten, bei dem das ursprünglich vorhandene Flötenwerk entfernt wurde. Das Kunstgewerbemuseum stellte die Uhr nach 1918 im Schlossmuseum im Berliner Schloss, heute in seinem Haus am Tiergarten aus. (Silke Kiesant)

Beschriftung/Aufschrift

auf der Zifferblattrückseite/im Konteremail: L B (für Louis Buzat)

Vergleichsobjekte

Bodenstanduhr mit Flötenuhr, ehemals im Berliner Schloss (Auktion Christie’s Amsterdam, 2016, Sale 12421, Los Nr. 120), zwei weitere dieses Typs in Privatbesitz

Material/Technik

Blindholz: Kiefer; Mahagoni, furniert, Details en grisaille bemalt; Gelbguss, ziseliert, vergoldet; Glas, geschliffen; Email; Messing; Stahl

Maße

Höhe gesamt 289,5 cm, Breite 89,5 cm, Tiefe 61 cm; Höhe Postament 106 cm, Höhe Säule 140 cm, Höhe Säulenplinthe 8,2 cm, Höhe Vasenaufsatz 30 cm, Höhe Vasensockel 4,5 cm, Höhe gesamt Vasenaufsatz 34,5 cm

Ausführliche Beschreibung

Das zweiteilige Uhrgehäuse besteht aus einem hohen Postament und einer darauf gesetzten Säule mit Vasenbekrönung. Das Postament ruht nicht, wie bei solchen Uhren häufig anzutreffen, auf Füßen oder Rollen, sondern auf zwei durchgehenden Leisten auf der rechten und linken Seite. Die Füllungen der drei Schauseiten des Postaments wären bei einer Uhr mit Musikwerk als Schalllöcher mit einer textilen Bespannung ausgebildet. Häufig befand sich über dem Textil ein hölzernes Lattenwerk, das mitunter mit vergoldeten Ornamenten verziert war. Falls es in dieser Uhr ursprünglich ein Musikwerk gegeben hat, sind die jetzt vorhandenen Füllungen aus mahagonifurniertem Holz nicht mehr original. An der inneren Rahmenkonstruktion sind mit Holz ausgebesserte kleine Stellen sichtbar, an denen sich früher die Verriegelungsverschlüsse für die als Klappen ausgebildeten Füllungen befunden haben könnten. Heute sind die beiden Seitenfüllungen fest mit dem Rahmen verbunden, während die vordere als Tür ausgebildet ist.
Beide Seiten werden durch aufgesetzte ovale Holzplatten mit Grisaillemalerei (Malerei in Grau-, Weiß- und Schwarztönen) geziert: weibliche, antik gewandete Figuren, links mit zwei Blasinstrumenten, rechts mit einer Lyraharfe. Diese gemalten Instrumente nehmen Bezug auf die vergoldete Gelbgussdekoration am Uhrengehäuse. Über der Zifferblattrahmung befindet sich ein Arrangement aus einer Lyra und zwei sich kreuzenden Blasinstrumenten, letztere bilden auch die obere Verzierung der ovalen Platten an den Seiten. Die Kombination aus diesen bemalten Ergänzungen und den ursprünglich vorhandenen vergoldeten Applikationen wirkt wenig harmonisch. In ähnlicher Art wie die seitlichen ovalen Platten ist auch die Dekoration der Vorderseite gestaltet: ein verschlungenes „B“ aus geschliffenen Glassteinen auf einer ovalen mahagonifurnierten Platte, die im unteren Teil von aus einem Pinienzapfen wachsendem Rankenwerk mit Füllhörnern aus kräftig vergoldetem Gelbguss gerahmt ist. Im oberen Teil sind zwei möglicherweise nicht im Original zugehörige Blütenranken aufgesetzt. Sie wirken weniger massiv und weisen einen anderen Goldton auf als die Füllhörner. Das dekorative „B“ auf der Front ist wahrscheinlich eine spätere Zutat und verweist vielleicht auf den Namen des früheren Besitzers.
Das Email-Zifferblatt (D: 20,5 cm) befindet sich etwa in der Mitte der Säule. Es sitzt in einem querrechteckigen, ebenfalls mahagonifurnierten Feld, das von einem Segmentbogen und einem seitlich schräg gestellten, verkröpften Gebälk mit darunterliegenden Voluten gerahmt wird. Die Voluten sind durch eine vergoldete Lorbeerblattgirlande miteinander verbunden. Über dem Zifferblatt zieren die oben erwähnten, mit Blättern arrangierten vergoldeten Musikinstrumente die Front, darunter liegen zwei vergoldete Rosetten. Im oberen Bereich der Säule hängt eine weitere Blattgirlande, im unteren Bereich sind die Kanneluren mit vergoldeten Rundstäben, sogenannten Pfeifen, ausgefüllt.
Das rückseitige Brett der Säule fehlt. Möglicherweise hängt dies mit einem ehemals dort vorhandenen Kasten für den Gewichtaufzug des Musikwerks zusammen, der an der Rückseite durch die Plinthe der Säule bis in das Postament verlief. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass das innere Zwischenbrett zwischen Postament und Säule, das heute durchgängig verschlossen, früher aber offen gewesen sein muss, nicht original ist. Auch sind am Rückbrett des Postaments ein schmaler Rücksprung und davor im Bodenbrett drei ausgebesserte, ein Rechteck bildende Streifen erkennbar, die ursprünglich Nutöffnungen für den aufgesetzten Kasten gewesen waren. Bei einem gleichen Säulenuhrtyp mit Flötenwerk von Christian Ernst Kleemeyer in Privatbesitz ist dieser Kanal für den Gewichtaufzug noch vorhanden.
Das runde Vollplatinenwerk aus Messing mit unten geradem Abschluss (Platine: H: 16 cm, B: 14 cm, T: 0,28 cm, Werkpfeilerhöhe: 4,45 cm) besitzt ein Halbstundenschlagwerk (Rechenschlagwerk) mit einem Hammer auf eine Glocke; ferner Federantrieb mit umlaufenden Federhäusern, rückführende Ankerhemmung. Die zylindrischen Werkpfeiler sind in der Mitte leicht gebaucht und an den Platinen mit einer Wölbung ausgebildet. Das nicht mehr vorhandene Pendel besaß eine Fadenaufhängung. Typisch für Berliner Bodenstanduhren dieser Zeit ist das leicht schüsselförmige Email-Zifferblatt, das auf der Rückseite im Konteremail die Initialen “L B” für den in Friedrichsthal bei Oranienburg und später in Berlin tätigen Zifferblatthersteller Louis Buzat aus Genf aufweist. Die Stundenanzeige erfolgt durch größere arabische Ziffern, die Fünfminuten-Markierungen mit kleineren arabischen Ziffern; Minuterie mit Punkten, die Fünfminuten etwas stärker. Die vergoldeten Messingzeiger in barocker Form sind durchbrochen gearbeitet und sehr fein graviert und ziseliert. Zwei Aufzugslöcher liegen im Zifferblatt bei 4 und 8 Uhr. Eine Feinregulierung des Werks erfolgt auf 12 Uhr. Unter dem Zifferblatt gibt es an der Säule des Gehäuses einen Holzzapfen, an dem sich eventuell früher eine Regulierung für das Spielwerk (zur An- oder Abstellung) befunden hat. (Franka Görike, Silke Kiesant)

Literatur

  • Maurice, Klaus (1976): Die deutsche Räderuhr. Zur Kunst und Technik des mechanischen Zeitmessers im deutschen Sprachraum. München, Bd. 2, S. 110, Abb. 976
  • Mayer, Sigmund (1918): Die Wiener Juden – Kommerz, Kultur, Politik 1700-1900. Wien, Berlin, S. 151
  • Mühlbächer, Eva (Red.) (1988): Führer durch die Sammlungen / Kunstgewerbemuseum. Berlin, Kat. Nr. 267
  • Peschken, Goerd; Klünner, Hans-Werner (1982): Das Berliner Schloß. Frankfurt/M., Wien, Berlin, Abb. 202: „Flötenuhr, Wiener Arbeit, um 1790, Königskammern Friedrich Wilhelms II., Thronzimmer"
Karte
Hergestellt Hergestellt
1785
Christian Ernst Kleemeyer
Berlin
Hergestellt Hergestellt
1785
Louis Buzat
Berlin
Besessen Besessen
1904
S. Ratzersdorfer & Sohn (Firma)
Wien
1784 1906
Kunstgewerbemuseum

Objekt aus: Kunstgewerbemuseum

Das 1867 gegründete Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin ist das älteste und größte seiner Art in Deutschland. Es beherbergt...

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