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Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [58C]
https://id.smb.museum/digital-asset/2679259 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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"Desco da parto" (Geburtsteller) ("Desco da parto" (birth tray))

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Beschreibung

Im 15. Jahrhundert war es in Florenz üblich, Familien nach der Geburt eines Kindes einen sogenannten Geburtsteller oder Desco da parto zu schenken. Der relativ gute Erhaltungszustand dieses Tellers zeigt, dass er wahrscheinlich niemals benutzt wurde, um Gegenstände zu transportieren, sondern sofort als Kunstwerk von unschätzbarem Wert erkannt wurde. Die Vorderseite zeigt rechts den Moment unmittelbar nach der Entbindung, während in der Mitte Frauen aus einem Kloster herbeiströmen, um der Wöchnerin und dem Neugeborenen ihre Aufwartung zu machen. Die Männer stehen ein wenig abseits zur Linken und warten, bis ihnen der Zutritt zu den Frauengemächern gestattet wird. Der erste in der Reihe bläst in ein Horn, an dem eine Flagge mit einer roten Lilie befestigt ist, dem Wappenzeichen von Florenz. Ein weiterer Mann trägt einen Geburtsteller herbei, der als Bild im Bild fungiert. Dieses Gemälde ist ein Meilenstein in der Geschichte der westlichen Kunst: Es ist das erste erhaltene Beispiel für die Darstellung der Zentralperspektive in einem Gemälde. Die zentralperspektivische Darstellungsweise war um 1415 von dem Goldschmied, Bildhauer und späteren Architekten Filippo Brunelleschi in Florenz entwickelt worden, der sie auf zwei nicht erhaltenen Tafeln erstmals anwandte. Das Prinzip ist einfach: Alle Linien, die vertikal zur Bildebene verlaufen, treffen sich in einem einzigen Punkt, dem sogenannten Fluchtpunkt. Die zweidimensionale Darstellung von Raum wirkt dadurch viel wahrhaftiger. Der erste Künstler, der die Bedeutung dieser Entdeckung begriff, war kein Maler, sondern der Bildhauer Donatello (seine Pazzi-Madonna, die sich heute im Bode-Museum befindet, ist eines der ersten Werke mit Zentralperspektive, Abb. S. 318 oben). Anfang der 1420er-Jahre erkannte auch ein junger Maler die Bedeutung von Brunelleschis Entdeckung und eignete sich das Konstruktionsprinzip an: Er hieß Tommaso di Ser Giovanni, doch jeder nannte ihn »Masaccio«, was etwa so viel bedeutet wie »der schlechte Thomas«. Ein paar Jahre nach der Gestaltung des Desco stellte er sein Können in monumentalem Maßstab unter Beweis: In einer Kapelle der florentiner Kirche S. Maria Novella gestaltete er ein Dreifaltigkeitsfresko in perfekter perspektivischer Darstellung, das bis heute erhalten ist. Der Betrachter fragt sich vielleicht, warum Masaccio diese Szene in ein Kloster verlegte, einen Raum, der Männer und Frauen bzw. Religionsausübende und Laien trennte, denn im Normalfall fanden Geburten damals in den Häusern der Menschen statt, nicht in Konventen. Diese Wahl hatte praktische Gründe: In den hintereinander gestaffelten Säulen fand Masaccio das ideale Motiv, um als Künstler seine Meisterschaft in der Darstellung der Zentralperspektive unter Beweis zu stellen. Die Kapitelle sind der Antike entlehnt, die für Künstler der Renaissance ebenfalls zu einem zentralen Bezugspunkt geworden waren. Ganz am Ende der Kolonnade, unterhalb der Flagge, sind der Zipfel eines Mantels und ein Teil eines menschlichen Beins erkennbar, die darauf hindeuten, dass sich jemand im Hintergrund versteckt (Abb. links unten): ein weiterer Beweis für Masaccios Virtuosität. Hervorzuheben ist auch die Frau, die gerade den Geburtsraum betritt: Während im Gang noch die Rückseite ihres Körpers zu sehen ist, gratuliert sie auf der anderen Seite bereits der frisch gebackenen Mutter. Es handelt sich um ein und dieselbe Person, deren Darstellung aber eine Wiedergabe zu unterschiedlichen Zeitpunkten suggeriert. Die Rückseite des Geburtstellers (Abb. links oben) zeigt einen nackten Jungen, der mit einem Hund spielt. Qualitativ ist zwischen diesem Bild und dem Gemälde auf der Vorderseite ein deutlicher Unterschied zu erkennen, was Wissenschaftler veranlasste, es Giovanni di Ser Giovanni, genannt Lo Scheggia, zuzuschreiben, Masaccios weniger begabtem jüngeren Bruder.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 ::::::::::::_ In 15th-century Florence, one used to offer decorated trays to families after the birth of a child; this is why these objects were called desco da parto, literally birth plate. The relative good state of conservation of the present work shows that it was probably never used to carry objects, but was immediately considered as a priceless work of art. The scene represented on the front of the tray is precisely a delivery, which has just taken place on the room to the right side, while a cortege of women are processing from a cloister to make their greetings. Men are a bit aside, to the left, waiting to be admitted to the ladies’ world. The first ones are bearing a horn on which is attached a flag with a red lily, the symbol of Florence. Another man brings precisely a birth tray, perfect mise-en-abîme of the present object. The front side of the desco represents a capital step in the evolution of Western art: this is the first preserved example of a use of mathematical perspective in painting. This technique had been invented in Florence around 1415 by the goldsmith, sculptor and architect-to-be Filippo Brunelleschi, in two panels which have not survived. The principle is simple: the lines parallel to the picture plane all converge in a unique point, which gives much more veracity to the representation of space. The first artist to understand the importance of this discovery was not a painter, but a sculptor: Donatello. (One of the first examples of this use was the latter’s Pazzi Madonna, now in the Bode Museum, fig. p. 318 above.) In the early 1420s, a young painter understood the significance of this discovery and made it his own: he was called Tommaso di Ser Giovanni, but everyone called him “the bad Thomas” – Masaccio. A few years after the desco, he would demonstrate his ability in a monumental scale, painting a niche in perfect perspective in a fresco representing the Trinity, still preserved in the Florentine church of Santa Maria Novella. One may wonder why Masaccio decided to stage his scene into a cloister, a space of separation not only between men and women, but also between religious and lay persons: at that time, births happened in people’s houses, not in convents. This choice has to do with the new art of perspective: the alignment of columns was a perfect motive to insist on the painter’s skills in the matter. Their capitals are inspired from Antiquity, which had also begun to be a central reference for artists at the moment. At the end of that colonnade, beneath the extended flag, one can distinguish a part of a mantle and of a leg, showing that someone is hiding in the background (fig. below left): another proof of the virtuosity of Masaccio. A further astonishing detail is constituted by the woman entering the room where the birth has just happened: one can see the rear part of her body in the cloister space, while she is already congratulating the new mother on the other part of the wall; one person is represented, but it is as if she was seen in two different moments. The reverse side of the birth tray (fig. above left) shows a naked boy playing with a dog; the quality of the picture is of far lesser quality than the other side of the panel, which had led scholars to attribute it to Giovanni di Ser Giovanni, named Lo Scheggia, the younger brother of Masaccio and less gifted painter.| 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Pappelholz

Maße

Durchmesser: 66 cm, Rahmenaußenmaß Durchmesser: 66,0 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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