Im ausgehenden 4. Jahrhundert v.u.Zt. trat eine neue Gruppe von Totenpapyri neben die traditionellen Totenbücher. Sie sind mit Texten beschriftet, die zu diversen Festterminen für den Totengott Osiris rezitiert wurden. Offenbar sollte der dem Gott angeglichene Verstorbene wie dieser von den belebenden und schützenden Ritualen profitieren. Neben langen Hymnen, Totenklagen und anderen Rezitationen enthalten die Texte zum Teil auch Anweisungen für die Durchführung ritueller Handlungen. Deswegen sind diese sogenannten „Ritualpapyri“ oder auch „liturgischen Papyri“ trotz ihrer Verwendung als Grabbeigabe eine wichtige Quelle für unsere Kenntnis altägyptischer Rituale.
Papyrus Berlin P. 3057, nach seinem Stifter auch „Papyrus Schmitt“ genannt, ist ein wichtiger Vertreter dieser vorwiegend für Priester angefertigten Schriftrollen. Er überliefert fünf Texte, wobei am Anfang der Rolle (rechts) mindestens zwei Kolumnen verloren sind. Wie bei allen Ritualpapyri wurde die hieratische „Schreibschrift“ verwendet, die zur Zeit der Herstellung des Papyrus um 300 v.u.Zt. nur noch in religiösem Kontext Verwendung fand. Gut zu erkennen ist der Unterschied zwischen stichisch (d.h. in Versen) und durchlaufend geschriebenen Texten, ebenso die dünnen Begrenzungslinien der Textkolumnen. Die dunklen Verfärbungen an den Rändern stammen von Balsamierungssubstanzen und belegen, dass der Papyrus zusammengerollt mit der Mumie im Sarg lag.
Der Verstorbene wird in den Texten nicht namentlich genannt, sie richten sich ausschließlich an den Totengott. Möglicherweise kann die Rolle aber einem Mann namens Psammetich-Merneith zugewiesen werden, dessen Mumienbinden gemeinsam mit Papyrus Schmitt ins Berliner Museum gelangten und anscheinend vom selben Schreiber mit Texten versehen wurden.
(B.Backes)
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