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Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [81.2]
https://id.smb.museum/digital-asset/5139069 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Die Entführung der Europa (The kidnapping of the Europa)

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Beschreibung

Jacob Jordaens (1593-1678) war, nach Peter Paul Rubens (1577-1640) und Anthonis van Dyck (1599-1641) zweifelsohne der drittwichtigste Historienmaler Antwerpens. Das Gemälde der "Entführung der Europa" stellt ein frühes Hauptwerk von ihm dar. Die antike Fabel von der Entführung Europas durch Jupiter hat Ovid im zweiten Buch seiner Metamorphosen überliefert. »Hoheit und Liebe stimmen nicht gut zueinander«, ironisiert der Dichter die Verwandlung des Göttervaters in einen Stier, der sich unter die Rinderherde König Agenors von Phönizien mischt. Der Götterbote Merkur hatte die Tiere nicht zufällig gerade an der Stelle des Meeresgestades zusammengetrieben, an der des Königs Tochter Europa häufiger anzutreffen war. Von der Schönheit und Zutraulichkeit des Stieres angelockt, »wie er so prächtig stolziert und ohne im Angriff zu drohen«, überdies auch von ihren Freundinnen ermuntert, setzt sich Europa auf den schneeweißen Jupiterstier, dessen Haupt sie mit Blüten geschmückt hat: »Doch vom Lande, vom trockenen Ufer entschreitet allmählich / Sachte der Gott mit trügenden Schritten zuerst in das Wasser, / Geht dann tiefer hinein und entführt durch das Meer seine Beute.« Anlass bietet der Vorgang genug, ein vielköpfiges Ensemble aufzurufen. Sechzehn Akteure weiblichen Geschlechts hat Jordaens in voller Lebensgröße über tief heruntergezogenem Horizont der vorderen Bildzone eingepasst: links Europa auf dem Jupiterstier, dem Merkur in der Gestalt einer älteren Frau einen Blumenkranz darbietet, rechts die Gefährtinnen der Königstochter, tyrische Mädchen, mit denen sie am Gestade zu spielen pflegte. Auf eine genauere Bestimmung des Schauplatzes verzichtete Jordaens. Das mythische Geschehen teilt sich allein in der Körperdarstellung mit. Es wird zudem nicht eigentlich erzählt, sondern errichtet. Die tiefenräumliche Abfolge der Figuren, die ungemein dicht zusammengestellt sind, regelt sich weniger im Hintereinander als vielmehr im stufenweisen Übereinander. Dieser Ordnung entsprechen auch die Haltungsmotive. Breit auf dem Boden lagernd, auch kauernd oder kniend, dann stehend, sei es leicht vornübergebeugt oder mit emporgestreckten Armen völlig aufrecht: so füllt sich das Bildfeld mit abwechslungsreich beobachteten Leibern, kompliziert verkürzten Wendungen und Gesten eher von unten nach oben als von vorn nach hinten. Jeweils in umrissklarer Abgrenzung lösen sich dabei die Körpermotive aus der Vielfalt ihrer Über- und Hinterschneidungen und erlangen im hellen Licht gesteigerte Plastizität. Auch mit dem Blick auf das Ganze erweist sich die Zusammenstellung als beherrscht. So ist in der reitenden Europa ein vertikaler Akzent gesetzt, der sie mit dem vom Inhalt gebotenen Gewicht vom übrigen Personal separiert, das im flächendiagonalen Wechsel der Bildhälften als in sich geschlossene Konturgruppe organisiert bleibt. Das Kolorit hebt den ohnehin reichen Wirkungscharakter der Komposition. Die lebhaften Farben der Gewänder verleihen der Darstellung im Zusammenklang mit den zwischen Sonnenbräune und kühler Blässe alternierenden Inkarnattönen prunkvollfestlichen Charakter. Einem Dekorateur gleich, differenziert Jordaens diesen Grundbestand, lässt in lokaler Konzentration des Lichts immer wieder Schmuckformen sichtbar werden: Blumen von juwelenhafter Leuchtkraft, kostbares Geschmeide, das Strohblond modisch bestellter Frisuren, auch den Glanz eines weit geöffneten Auges. Form- und Farbgebung weisen auf die früheste Schaffensphase des Malers, die nach seiner Ausbildung bei Adam van Noort in Antwerpen mit der Erlangung der Meisterwürde im Jahre 1615 einsetzt und vor allem durch die Auseinandersetzung mit Rubens geprägt ist. Die kraftvolle Gestaltgebung, die dem Körperlichen zu suggestiver Anschaulichkeit verhilft, belegt deutlich genug, dass der Maler den gehobenen Normen des plastisch-klassischen Stils Rubensscher Figurenformung nachgeeifert hat. Zu den direktesten Entlehnungen, die das Vorbild des großen Meisters bestätigen, gehört die Hauptdarstellerin des Bildes. Europa entspricht in ihrer Erscheinung und Haltung Rubens’ Europa auf dem Skizzenblatt mit Silen und Aegle von etwa 1611/13 im Windsor Castle. Weitere Bezüge lassen sich nachweisen, ohne daß dadurch die nachgerade urwüchsige Frische des Ausdrucks, die vom Bild ausgeht, beeinträchtigt erschiene. Während Rubens’ Kunst in antikisch-edlen Körperbildungen ein Ideal gesteigerter Menschlichkeit zu erreichen sucht, bleibt Jordaens stärker dem Bodenständigen verhaftet. Dem Chor der Mädchen verleiht er rustikalen Zuschnitt. Etwas von der unbekümmerten Frische und Drastik des flämischen Landes ist den Gestalten eingegeben. Vor allem diesem Aspekt in seinem Schaffen verdankt Jordaens die Anerkennung, der »echteste« Flame unter den flämischen Malern seiner Zeit gewesen zu sein.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 ::::::::::::::::_ Ovid includes the myth of the abduction of Europa by Jupiter in the second book of his Metamorphoses. The king of the gods had fallen in love with Europa and, adopting the guise of a bull, mingled with the herd of King Agenor of Phoenicia and lingered on the meadows where Europa, the king’s daughter liked to pick flowers. Filled with admiration for its beauty and friendliness, Europa mounted the snowywhite back of the bull and crowned his head with a wreath of flowers. Jupiter then abducted her on his back and swam with her to the island of Crete, where he transformed himself back into his true form. Jordaens uses this story to portray a large group of people, depicting no fewer than 16 life-sized female figures in the composition: on the left is Europa on the bull, to whom an older women is proffering a wreath of flowers; on the right are the princess’ companions. Jordaens does not provide any details that could identify the geographical setting; instead, the mythical narrative is depicted solely through the positions and motions of the bodies. The story is not so much narrated as presented. The arrangement on the figures in the picture is determined less by a specific order than by gradual superimposition, which also is reflected in the postures. Lying on the ground, crouching, kneeling, standing: the entire pictorial space is crammed with bodies seen from a variety of different angles, complex foreshortened twists and gestures which are shown more from bottom to top than from the front to the back. Each body can be clearly distinguished from the others despite the multiple overlaps, and the bright light gives them heightened plasticity. Despite the complexity of the overall picture, the composition appears restrained and clear. Europa on the back of the bull sets a vertical accent that separates her from the rest of the figures in accordance with her significance within the narrative. The other figures are arranged in the opposite diagonal half of the picture in a self-contained contour group. The colours serve to heighten the impact of the composition. The vivid hues of the robes combined with the golden tan and cool pallor of the skin tones gives the picture a splendidly festive character. Almost like a decorator, Jordaens adds emphases to the basic group, using highlights to pick out decorative shapes: flowers that glow like gems, costly jewels, the pale blonde of fashionably arranged hairstyles, the gleam of a wide-open eye. The choice of colours and shapes indicate that this painting is an early one, produced after Jordaens had completed his apprenticeship at Adam van Noort in Antwerp by qualifying as a master painter in 1615, and it reveals the influence of Rubens. The powerful, energetic physicality, which gives the bodies a suggestive plasticity, proves clearly that the artist emulated the elevated style of Rubens’ sculptural-classical figures. However, while Rubens’ art strove to attain an ideal of heightened humanity by employing figures inspired by noble classical ideals, Jordaens remains down to earth. For instance, his choir of maidens has a distinctly rustic character. The figures seem to express the light-hearted freshness and clearly delineated clarity of the Flemish countryside. It was this aspect in particular that gained Jordaens the accolade of being the “most genuine” Flemish painter amongst his contemporaries.| 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Leinwand

Maße

Bildmaß: 172,6 x 236,2 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 172.6 x 236.2 cm, Rahmenaußenmaß: 218 x 280,7 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 218 x 280.7 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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