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Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [801C]
https://id.smb.museum/digital-asset/5245583 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Christoph Schmidt (CC BY-NC-SA)
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"Malle Babbe"

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Beschreibung

Seit der ersten Veröffentlichung von Frans Hals „Malle Babbe“ 1869 durch Thoré-Bürger erfuhr das Bild große Bewunderung und Anerkennung für seine herausragende Ausdrucksstärke, meisterliche, skizzenhafte Modellierung und Spontanität. Man scheint bereits früh dafür gesorgt zu haben, dass die Dargestellte auch für spätere Generationen noch zu identifizieren war. Dies legt zumindest eine vermutlich noch aus dem 17. Jahrhundert stammende Aufschrift auf der Rückseite des Gemäldes nahe: „Malle Babbe van Haerlem […] Frans Hals.“ Erst vor einigen Jahren konnte durch Archivforschungen belegt werden, dass es sich hierbei um Barbara Claes (gest. 1663) handelt, eine geistig zurückgebliebene, „verrückte“ [malle] Frau aus Haarlem. 1646 wurde sie wegen unsittlichem Verhalten in das sogenannte „werkhuis“, eine Unterbringung für geisteskranke Menschen, eingewiesen, wo sie insgesamt 15 Jahre verbrachte. Die am Stadtrand gelegene Einrichtung war gleichzeitig Irrenanstalt und Armenhaus, Zuchthaus für Gewalttätige und Besserungsanstalt für sozial Auffällige. Auch ein Sohn und die älteste Tochter von Hals wurden hier zeitweilig aufgenommen, allerdings erst Jahre, nachdem das Berliner Bild entstanden sein dürfte. Vermutlich kannte Frans Hals die „Malle Babbe“ als eine stadtbekannte, berüchtigte Bewohnerin Haarlems und fertigte ihr Abbild an, welches sich zwischen naturalistischem Porträt und idealtypischem Genrebild bewegt. Das Gemälde zeigt die lebensgroße, an einem Tisch sitzende Figur der Malle Babbe. Mit ihrer rechten Hand ergreift sie den Henkel eines Zinnkrugs mit aufstehendem Deckel. Auf ihrer linken Schulter sitzt eine Eule. Durch die komplexen, gegenläufigen Bewegungsmotive scheint die Figur spontan und wie in einer Momentaufnahme festgehalten. Während ihr Oberkörper nach links zur Tiefe hin ausgerichtet ist, scheint sie ihren Kopf eben gerade lachend nach links gedreht zu haben. Nur der auf dem Tisch abgestellte Zinnkrug setzt in der von kreuzenden Diagonalen bestimmten Komposition als einzige Lotrechte im Bild einen stabilisierenden Akzent. Auch die offene Pinselführung, die sich nur im Gesicht zu dichterer Modellierung schließt, die Formangaben ansonsten jedoch summarisch – in schlagartig gesetzten Zügen – belässt, trägt zu dem Eindruck einer spontan und wie zufällig erfassten Momentaufnahme bei. Die auf der Schulter von der „Malle Babbe“ sitzende Eule darf wohl als Symbol der Trunksucht gelesen werden und auf die zeitgenössische Redewendung »zoo beschonken als een uil« (so betrunken wie eine Eule) anspielen. Als Personifizierung eines vergleichbar verurteilenswerten Lasters – dem Rauchen - wurde die „Malle Babbe“ auch auf dem Berliner Bild „Wie die Alten sungen, so pfeifen die Jungen“ von Jan Steen aufgenommen (Kat.Nr. 795D). Im Zentrum des Bildes steht – auch malerisch - das Lachen. Als „Meister des Lachens“ wusste Frans Hals seinen Bildern und Porträts eine bis dahin ungekannte Lebendigkeit zu verleihen. Etliche seiner meist volkstümlichen Figuren malte er mit einem offenen Lachen und entblößten Zähnen – eine Darstellungsform, die für Porträts aufgrund der gültigen Verhaltensregeln im calvinistisch geprägten Holland unmöglich gewesen wäre. Das unmäßige, vom Alkohol entgleiste Lachen der „Malle Babbe“ stellt denn auch einen deutlichen Verstoß gegen die gültigen Moralvorstellungen der Zeit dar und ist nur für gesellschaftliche Außenseiter als Darstellung denkbar. Durch die offene, ungestüme Malweise fordert Frans Hals ein Zurückweichen des Betrachters vom Bild und verhilft der gesellschaftlich ausgegrenzten, abschreckenden Figur der „Malle Babbe“ so zu eigener Freiheit und Autonomie.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 ::::::::::::::::::::: Since the first publication of Frans Hals’ Malle Babbe in 1869 by Thoré-Bürger, this painting has earned great admiration and recognition for its outstanding intensity of expression, masterly, sketch-like modelling, and spontaneity. At an early date, seemingly, it was ensured that the person portrayed would still be identifiable in later generations. This, at least, is suggested by an inscription on the back of the painting, dating probably from the 17th century: “Malle Babbe van Haerlem […] Frans Hals.” It was not until a few years ago that archive research demonstrated that this was Barbara Claes (died 1663), a mentally handicapped, “mad” (malle) woman from Haarlem. In 1646, on account of immoral behaviour, she was taken to the so-called “werkhuis”, a home for mentally ill persons, where she spent 15 years in all. This institution on the edge of town was at one and the same time a madhouse and a poorhouse, a prison for violent persons and a place of correction for anti-social persons. A son and the eldest daughter of Hals were admitted to it, though not until some years after the Berlin work was painted. Frans Hals was probably acquainted with Malle Babbe, as she was a notorious resident of Haarlem, well-known in the town. He painted a likeness that is situated between a naturalistic portrait and a genre picture of a type of person. The painting shows the life-size figure of Malle Babbe, sitting at a table. With her right hand, she grasps the handle of a pewter mug, its lid open. An owl sits on her left shoulder. Thanks to its complex motifs of contrary movements, the figure seems to have been captured spontaneously, as if in a snapshot. Whereas her chest is oriented to the left towards the background, she seems to have turned her head to the left, just beginning to laugh. Only the pewter mug placed on the table, the sole vertical in a composition dominated by crossing diagonals, lends a stabilizing touch to the picture. The open brushwork, too, which closes to model the face more densely but otherwise leaves the forms in summary delineation, with abruptly placed strokes, contributes to the impression of a spontaneous portrayal of a moment, captured as if by chance. The owl sitting on Malle Babbe’s shoulder should probably be seen as a symbol of drunkenness, a reference to the contemporary idiom “zoo beschonken als een uil” (as drunk as an owl). As a personification of a similarly deplorable vice, smoking, Malle Babbe was also depicted on Jan Steen’s painting in Berlin As the Old Sing, So the Young Pipe. Laughter is the middle of the picture, and is also at its centre artistically. As the “master of laughter”, Frans Hals was able to impart an unprecedented liveliness to his scenes and portraits. He painted several of his figures, usually folksy characters, laughing openly and showing their teeth – a manner of depiction that would have been impossible in Calvinist-dominated Holland for portraits, in consequence of the prevalent rules of behaviour. The intemperate, alcohol-induced laughter of Malle Babbe thus represents a clear violation of the moral beliefs valid at that time, and is conceivable only for the portrayal of social outsiders. By means of his open, impetuous manner of painting, Frans Hals demands that the beholder shrinks back from the picture, and thus gives the socially marginalised, off-putting figure of Malle Babbe her own freedom and autonomy.| 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019

Vergleichsobjekte

Vorlage für: GGB 2-2021, Druck, "Malle Babbe", Louis Bernard Coclers (5.5.1741 - 20.4.1817)

Material/Technik

Leinwand

Maße

Bildmaß: 78,5 x 66,2 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 78.5 x 66.2 cm, Rahmenaußenmaß: 102,2 x 92,7 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 102.2 x 92.7 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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