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Gemäldegalerie Malerei Italien (13.-15. Jh.) [1094]
https://id.smb.museum/digital-asset/5190105 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Die Versuchung des Heiligen Thomas von Aquin (The Temptation of St. Thomas Aquinas)

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Beschreibung

Eine Predellentafel des Dominikaner-Altars aus Santa Maria Novella in Florenz von 1338. Jahrhunderte lang war Bernardo Daddi nahezu vergessen. Als die Beschäftigung mit dem Künstler einsetzte, waren die Urteile zwiespältig. Stets wurde sein Lyrismus gerühmt. Den Wohlklang seiner Malerei verglich einer seiner Kritiker mit dem Gesang einer Nachtigall, nannte jedoch den Künstler angesichts seiner seriellen Produktion von Tragaltärchen eine „mechanische Nachtigall“ und münzte so das Lob in Tadel um. Bernardo war an der Ausprägung eines besonderen Typus tragbarer Altarschreine, von dem die Berliner Gemäldegalerie ein charakteristisches Beispiel seiner Hand bewahrt, selbst maßgeblich beteiligt und erwies sich als Großmeister dieser Kleinform. Seine Neuerungskraft zeigt sich auf andere Weise auch in der Behandlung zuvor wenig dargestellter Sujets, zu denen auch die hier gezeigte Szene aus der Vita des Hl. Thomas von Aquin zu rechnen ist. Diese Innovationen, außerdem die Lebhaftigkeit der Erzählung in den später geschaffenen Predellen, schließlich auch seine Wirkung auf die Kunst der Jahrhundertmitte lassen Bernardo als einen der Protagonisten der auf Giotto folgenden Generation Florentiner Maler erscheinen. Geboren wohl im letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts, verstarb Bernardo im Jahr 1348, als die Pest in Florenz wütete. Sowohl die Rückkehr Giottos nach Florenz im Jahr 1334 als auch die Anwesenheit auswärtiger Künstler hatten Einfluss auf Bernardos Schaffen. Seit 1330 arbeitete Andrea Pisano in Florenz an den Türen für das Baptisterium. Wie in einigen Szenen Andrea Pisanos ist in der Engelsgürtung des Hl. Thomas die Architektur weniger Raum als Gehäuse für die Figurenkomposition – sitzende und kniende Figuren stießen an die Decke, wenn sie sich aufrichteten. Auch die Brüder Lorenzetti aus Siena arbeiteten in der ersten Hälfte der 1330er Jahre in Florenz. Zu dieser Zeit dürfte Pietro Lorenzettis Humilitas-Altar für San Giovanni Evangelista entstanden sein, von dem zwei narrative Szenen in die Berliner Gemäldegalerie gelangt sind. Die Schmucklosigkeit und die klare Geometrie von Daddis Bühnenraum könnte hier ihr Vorbild gehabt haben. Daddi komponiert so knapp, dass es der Forschung erst spät gelang, den Gegenstand der Tafel zu bestimmen. Thomas, der von 1224/25 bis 1274 lebte und dem Adelsgeschlecht der Aquin entstammte, war 1239 zum Studium nach Neapel geschickt worden. Anstatt sich jedoch zum Magister Artium zu qualifizieren, schloss er sich dort den Dominikanern an und wurde so zum Bettelmönch. Seine Brüder entführten ihn und brachten ihn zu seiner Familie zurück, um ihn von dem eingeschlagenen Weg abzubringen. Ihre Versuche, auf Thomas einzuwirken, werden von seinem Biograph Wilhelm von Tocco ausführlich geschildert. Die Brüder zerfetzten sein Ordensgewand, doch weigerte sich Thomas auch weiterhin weltliche Kleider anzulegen. Sodann schickten sie ihm eine Dirne, der er jedoch durch Gebete widerstand, alsdann mit einem Holzscheit aus dem Kamin zuerst die Dirne in die Flucht schlug und dann das Kreuzzeichen in die Wand brannte. Nach widerstandener Versuchung betete Thomas um einen Keuschheitsgürtel, fiel daraufhin in Schlaf, aus dem er durch zwei Engel erwachte, die zu ihm gesandt wurden, um seinen Lenden zu gürten. Welchen Elementen dieses Vitenkapitels ist in Bernardos Komposition Gestalt gegeben? Das zerfetzte Dominikanerhabit trägt Thomas noch am Leib; einer der Engel hält offenbar den Fetzen oder eine neue Cappa unter dem Arm. Die Dirne, die mit dem Holzscheit eigentlich schon in die Flucht geschlagen wurde, wendet sich erst jetzt, noch immer kokett, dem Ausgang zu. Das Kreuz, das Thomas an die Wand zeichnete, ist in ebenmäßigen Linien links im Bild zu sehen. Das Scheit selbst fehlt. Der Maler versagt dem Betrachter dieses erklärende Detail. Abweichend von der Vita wird Thomas nicht im Schlaf, sondern im Gebet gegürtet. Bernardo stützt sich hierbei auf den geläufigen ikonographischen Typus des betenden Thomas. Er setzt auf einen knapp gefaßten Kausalzusammenhang: die Gürtung durch die Engel nach – durch Gebet – widerstandener Versuchung. Die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Darstellungsgegenstandes dürften auf die undeutliche Artikulation des Gürtens zurückzuführen sein. In späteren Gestaltungen des Themas wurde der Heilige meist in frontaler Stellung gezeigt, die Engel auf beiden Seiten, den Gürtel soeben um die Lenden legend oder gerade knotend. Bei Bernardo hat nur einer der Engel seine Hände in vager Geste beim Gürtel. Die Engelsgürtung als Exemplum der Keuschheit muss im Kreis der Dominikanergeläufig gewesen sein. Aus diesem Umfeld stammt auch unsere Tafel. Sie war ursprünglich Teil der Predella eines den Hll. Dominikus, Petrus Martyr und Thomas geweihten Altars, die Bernardo Daddi 1338 für die Florentiner Dominikanerkirche Santa Maria Novella malte. Zwei Tafeln der Predella haben den Ordensgründer Dominikus zum Thema. In der einen rettet er Schiffbrüchige (Poznań, Muzeum Narodowe), in der anderen erhält er in einer Vision von Petrus und Paulus Buch und Schwert sowie den Auftrag zur Entsendung von Predigern (New Haven, Yale University Art Gallery). Die vierte Predellentafel zeigt den Hl. Petrus Martyr, einen der wortmächtigsten dieser Prediger, der mit seiner Rede einen besessenen Esel bannt (Paris, Musée des Arts Décoratifs). In der Zusammenstellung vereinzelter Szenen aus den Viten verschiedener Heiliger dient diese Predella nicht nur dem Heiligenkult sondern auch der Ordenspropaganda. Wie in späteren Bildprogrammen in Santa Maria Novella trat Dominikus hier als Ordensgründer für die Verbreitung der christlichen Lehre auf. Petrus Martyr stand wie bei Bernardo stets für die Macht der Predigt. Thomas dagegen vertritt in den übrigen Bildern meist die Lehre, so auch in einem zweiten, 1344 entstandenen Retabel Bernardos für Santa Maria Novella (am Ort erhalten). In der Rolle des Keuschheitsexempels wurde der Kirchenlehrer etwas seltener dargestellt und genießt als Patron der Studentenschaft und der katholischen Hochschulen weitere Verehrung, denn als Schützer der Keuschheit. Der Keuschheitsgürtel des Hl. Thomas von Aquin wird bis heute in Turin aufbewahrt. Katalogeintrag v. Reimar F. Lacher, Geschichten auf Gold, Berlin 2005, pp. 128-131 „Da [seine Brüder] ihn […] weder durch Schrecken brechen noch durch Überredung weich machen konnten, versuchten sie ihn durch Ungerechtigkeit zu verwirren. Daher ließen sie ihm das Ordensgewand zerfetzen, damit er aus Scham das zerrissene ablegen und ein anderes Gewand […] anziehen würde. […] Als ihn die Brüder durch dieses Unrecht nicht zu beugen vermochten, überlegten sie sich, wie sie ihn durch eine andere Art von Bedrängnis besiegen könnten: durch den Sturm, durch den gewöhnlich Türme zum Einsturz kommen […]. Sie schickten ihm nämlich, als er allein in der Kammer war […] ein sehr hübsches Mädchen, als Dirne gekleidet. […] Als sie der unbezwungene Kämpe erblickte […], und als er wahrnahm, dass sich in ihm nun der Stachel des Fleisches erhob, den er stets der Vernunft unterworfen hatte, vertraute er sich dem Rat der göttlichen Vorsehung an […]; nahm dann voll Zorn einen Feuerbrand aus dem Kamin und jagte das Mädchen unwillig fort aus der Kammer. Dann ging er in der Glut seines Zornes zur Ecke der Kammer und brannte das Zeichen des Kreuzes mit der Spitze des Scheites in die Wand ein, warf sich zu Boden und bat Gott unter Tränen um den Gürtel ewiger Jungfräulichkeit […]. Als er dies unter Tränen erbeten hatte, schlief er plötzlich ein. Siehe, da wurden zwei Engel vom Himmel zu ihm geschickt; sie sagten ihm, er sei vom Herrn erhört worden […]. Dann gürteten sie seine Lenden […] Da er bei dieser Umgürtung die Berührung der Engel mit körperlichen Schmerzen empfand, erwachte er mit einem Aufschrei.“ WILHELM VON TOCCO (ED. ECKERT 1967), S. 91 f.

Material/Technik

Pappelholz

Maße

Bildmaß: 38,2 x 33,3 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 38.2 x 33.3 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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