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Gemäldegalerie Malerei Italien (13.-15. Jh.) [1069]
https://id.smb.museum/digital-asset/5935186 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Die Heilige Margarete vor Olybrius (St. Margarete with Olybrius)

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Beschreibung

Geschichten auf Gold, Kat.Nr. 9, pp. 192-195: Stefan Weppelmann Die Predellenszene ist ein repräsentatives Beispiel für die Sieneser Malerei in den ersten beiden Dekaden des 15. Jahrhunderts. Diese Jahre stehen zwar noch im Zeichen der in spätmittelalterlicher Tradition gründenden Kunst eines Bartolo di Fredi, eines Martino di Bartolomeo und vor allen eines Taddeo di Bartolo, der bis 1422 aktiv bleibt, allerdings lässt sich aus dem Wirken dieser Maler die gänzlich andersartige Formensprache der beiden großen Hauptmeister, die Siena in der Folgezeit zwischen 1420 und 1480 prägen – gemeint sind Giovanni di Paolo und Sassetta – nicht unmittelbar erklären. Es bedarf gleichsam eines stilistischen Bindeglieds zwischen der spätgotischen Kunst des Trecento und den Werken der Frührenaissance. Diese Rolle kommt, neben Gregorio di Cecco di Luca, besonders Benedetto di Bindo zu. Benedetto schreibt sich gegen Ende des 14. Jahrhunderts in die Gilderolle der Sieneser Maler ein. 1409 ist er, gemeinsam mit Andrea di Bartolo, mit dem Fassen zweier Büsten der Sieneser Stadtpatrone beschäftigt. 1415 wird er nach Perugia berufen, wo er Kartons für Fenster der dortigen Dominikanerkirche entwirft. Nur zwei Jahre später stirbt er. Die Szene aus dem Leben der Hl. Margarete, die 1821 aus dem Solly-Bestand in die Berliner Galerie gelangte, hat ihre originalen Rahmung verloren; ihre Oberfläche wurde zu unbekannter Zeit drastisch gereinigt, so dass die Farben verrieben sind. Ein Teil der Goldborten auf den Gewandungen ist nachgezogen. Im unteren Bereich des Bildträgers verläuft ein 20 Zentimeter breiter Riss. Die von Miklós Boskovits vorgenommene Rekonstruktion des Ensembles, zu dem das Stück wahrscheinlich gehörte, beinhaltet eine Kreuzigungsdarstellung, die heute im Szepmüveszeti Muzeum zu Budapest ist, und die mit einem Format von 24 x 41 cm gut zu der Berliner Predellentafel passt sowie zwei Flügel, von denen der rechte die Hl. Margarete darstellt (unbekannter Aufbewahrungsort). Für die Mitteltafel, welche somit von der Budapester Kreuzigung unterfangen war, dürfte man eine Madonnendarstellung annehmen. Es bleibt offen, ob die beiden kleinformatigen Heiligenfiguren des Katharinenkonvents in Utrecht, die Boskovits als Teile seitlicher Pilaster in die Rekonstruktion einbezieht (je ca. 34 bzw. 35 x 10 cm), tatsächlich dafür in Frage kommen, da für sie auch andere Werke Benedettos in Betracht zu ziehen wären. Für Boskovits’ Vorschlag spricht jedoch, dass beide Figuren aus der Ramboux-Sammlung stammen, auf die sich auch die Budapester Kreuzigung zurückführen lässt. Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf eine dritte Figur, die bislang nur ein Auktionskatalog abbildet, wobei allerdings nicht erkannt wurde, dass sie mit Abmessungen von 33,4 x 10,8 cm zur gleichen Serie wie die Utrechter Heiligen gehört. Der ursprüngliche Aufstellungsort des Retabels ist unbekannt, jedoch kommt, angesichts der privilegierten Position der Hl. Margarete, eigentlich nur ein dieser Heiligen geweihter Altar in Frage. Hinsichtlich einer zeitlichen Einordnung in das Œuvre Benedettos haben wir es mit einem Werk zu tun, das eine relativ frühe Phase innerhalb der kurzen Schaffenszeit des Künstlers repräsentiert und, in Relation zu den datierten Werken, etwa um 1410 anzusetzen ist. Geht man von der Korrektheit der o. g. Rekonstruktion aus, so lag eine dreiteilige Predella vor. Da rechts der Kreuzigung Margaretes Versuchung durch den Präfekten Olybrius erscheint, wäre zur Linken mit der Antoniusversuchung zu rechnen, die im 14. und 15. Jahrhundert zu einem häufig dargestellten Thema avancierte. Die Passio der Heiligen Margarete geht auf eine griechische Quelle zurück, die in lateinischer Übersetzung im Mittelalter weite Verbreitung findet. Die Heiligenvita wird in das Martirologio Romano aufgenommen; wichtig für die Verbreitung der Legende war auch die unter dem Titel Misteri di S. Margherita bekannt gewordene Schrift, im Spätmittelalter dann schließlich die Vita der Heiligen innerhalb der Legenda aurea. Dargestellt ist auf der Berliner Tafel die Begegnung Margaretes mit dem römischen Präfekten Olybrius, der sich von links zu Pferd mit seinem Gefolge nähert, und der die Heilige zu sich ruft. Margarete steht in der Bildmitte, hinter ihr befinden sich zwei ihrer Begleiterinnen und blicken besorgt auf das Geschehen. Zunächst herrscht der Eindruck vor, dass Benedetto in der Komposition des Ganzen Topoi und Standards der ihm vorausgehende Malerei einbringt. Speziell an die Kunst des frühen Trecento ist zu denken, und hier vornehmlich an Simone Martini. Benedettos Nähe zu älteren Vorbildern geht dabei so weit, dass nicht nur Motive sondern auch modische Details aus der älteren Malerei in die Darstellung einfließen, wie etwa die im Ellenbogen endenden, schräg angeschnittenen und weiten Ärmel des Kleides der Heiligen. Der Ansprache des Präfekten, die dieser mit seiner Rechten unterlegt, wobei er deren schlanke Finger abspreizt, begegnet Katharina ihrerseits durch Hervortun der Linken, hat jedoch dabei den Zeigefinger belehrend erhoben. Diese höfisch anmutende Dialoggestik der Hauptfiguren, die als Frage und Antwort zu lesen ist, hat ihren Ursprung direkt in Werken des Simone Martini. Auch der Lorbeerkranz, der den Präfekten nicht nur als Römer kennzeichnet sondern auch als Heiden, ist keine Invention Benedettos sondern ein weit verbreiteter Topos, der bereits im frühen Trecento vorkommt. Im Blick auf die massiven und plastischen Leiber der Pferde ist schließlich an bildplastische Darstellungen zu denken, wie sie etwa der Sienese Goro di Gregorio am Schrein des Hl. Cerbonius im Dom zu Massa Marittima zeigt (1324). Trotz dieser generell retardierenden Haltung ist zugleich festzuhalten, dass sich unser Maler für die Komposition nicht auf eine Vielzahl existenter Darstellungen dieses Themas berufen konnte, sondern weitgehend eigenständig die schriftliche Fixierung des Geschehens ins Bild umzusetzen hatte. Dies ist an sich schon etwas Besonderes, womit sich diese Szene gegenüber den meisten der in der Ausstellung vertretenen Tafeln abhebt. Von dieser erzählerischen Freiheit ist dann auch Einiges auf diesem kleinen Werk spürbar. Was ist geschehen? Margarete war mit ihren Gefährtinnen dabei, die Schafe ihrer Amme zu hüten, einige der Tiere der Herde sind am rechten Bildrand zu sehen. Da nähert sich Olybrius mit seinem Gefolge. Er entsendet einen Reiter, der Margarete von ihren Gefährtinnen trennt und zu Olybrius geleitet. Da steht sie nun vor dem Pferd des Präfekten, während ihr der Gefolgsmann des Olybrius, ebenfalls hoch zu Ross, den Rückzug versperrt. Dieser Weg führt nämlich über eine hölzerne Brücke, die einen Bach oder eine tiefe Erdspalte überspannt. Margarete ist gefangen und damit ausgeliefert. Dieser Situation tragen die Begleiterinnen Rechnung, die auf der echten Bildhälfte verängstigt dreinschauen, die eine hat die Hände unter dem Kinn in einer Geste der Verzweiflung und zugleich wie im Gebet verschränkt, die andere hebt ihre Rechte und zeigt, wie zur Abwehr, ihre Handinnenseite. In der Linken hält sie die Flachsspindel; offenbar waren die Frauen damit beschäftigt, Schurwolle zu spinnen. Doch nicht nur diese beiden Mädchen nehmen besorgt am Geschehen Anteil, auch der Hirtenhund ist rechts im Bildvordergrund zornig herbei gesprungen und kläfft die Herannahenden an. Hervorzuheben ist ferner die genaue Wiedergabe zeittypischer Details der Rüstungen sowie der Sättel und des Zaumzeugs. Ein naturalistischer Zug ist Benedetto bei der Darstellung der unter Spannung stehenden Steigbügel gelungen. Einhergehend mit diesem Bemühen um Wirklichkeitsnähe ist der Griff zu einem Gestaltungsmittel, mit dem Benedetto dynamische Bewegung des Ganzen suggeriert. Vollkommen unkonventionell und geradezu kühn ist, wie die Heilige mit ihrer massiven Aureole den Kopf des Pferdes überdeckt, das dem Reiter hinter ihr gehört. Damit wird einesteils der über die diagonale Verkürzung des Pferdes schon sehr stark ausgeprägte Tiefenzug noch unterstrichen, andererseits aber der Eindruck von Spontaneität und Momenthaftigkeit erwirkt. Ebendies ist ein Merkmal, das Benedetto die erwähnte Rolle eines Vorläufers der Kunst der Frührenaissance zuweist. Quellen: „Margareta ist von der Stadt Antiochia geboren und war die Tochter des heidnischen Patriarchen Theodosius. Sie ward einer Amme übergeben, und da sie zu ihren Tagen kam, ward sie getauft; darum hasste ihr Vater sie gar sehr. Als sie fünfzehn Jahre alt war, geschah es eines Tages, da sie mit anderen Jungfrauen die Schafe ihrer Amme hütete, dass der Praefect Olybrius daselbst vorüberzog; und da er die schöne Jungfrau erblickte, entbrannte er alsbald in Liebe zu ihr. Er sprach zu seinen Knechten: »Gehet hin und bringt sie mir; ist sie frei, so will ich sie zur Ehe nehmen, ist sie eine Magd, so soll sie meine Beischläferin sein«. Also ward sie vor ihn geführt, und er fragte sie nach Herkunft, Namen und Glauben. Sie antwortete, dass sie wäre von edlem Geschlecht, dass ihr Name wäre Margareta, und dass sie halte Christenglauben. Sprach der Praefect: »Die beiden ersten Dinge stehen dir wohl an: dass du edel bist und dem Steine Margarita gleichest an Schönheit; das dritte aber ist nicht ziemlich, dass eine so schöne Jungfrau einen gekreuzigten Gott habe«. Sie antwortete: »Woher weißt du, dass Christus gekreuzigt ward?«. Er sprach: »Das weiß ich aus den Büchern der Christen«. Margareta antwortete: »Es ist darin geschrieben von Christi Leiden und von seiner Herrlichkeit; wie mag es sein, dass du das eine glaubest und das andere nicht?«. Und hub an zu sagen, wie Christus aus freiem Willen gekreuzigt sei für unsere Erlösung, und dass er nun ewig lebe. Da war der Praefect zornig und hieß sie in das Gefängnis werfen.“ (LEGENDA AUREA DES JACOBUS DE VORAGINE (ED. BENZ, 2004), S. 356-357)

Material/Technik

Tempera, Holz

Maße

Bildmaß: 23,1 x 41,7 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 23.1 x 41.7 cm, Rahmenaußenmaß: 27,2 x 45 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 27.2 x 45 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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