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Gemäldegalerie Malerei 18. Jahrhundert, Deutschland [500B]
https://id.smb.museum/digital-asset/4934671 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Der Abschied des Jean Calas von seiner Familie (Jean Calas' Farewell to his Family)

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Beschreibung

Der Maler kam im Jahre 1743 aus Danzig nach Berlin. Stets bemüht, sich in seinen Fertigkeiten zu vervollkommnen, suchte er erfolgreich die Nähe zur einheimischen Künstlerschaft (Pesne, Falbe, Rode, Le Sueur). Bis zu Beginn des Siebenjährigen Krieges im Jahre 1756 hatte Chodowiecki den Lebensunterhalt mit dem Verkauf seiner Miniaturmalereien bestritten. Wie wir seiner bei Meusel 1780 gedruckten, bis dahin unveröffentlichten Autobiographie entnehmen können, begann für ihn zu diesem Zeitpunkt eine Phase intensiven malerischen Forschens: »… ich legte ein Stück Leinwand gerade horizontal auf den Tisch vor mich, setzte eine Lampe vor mich hin, fing die Strahlen des Lichtes durch ein convexes Glas auf und führte sie auf meine Leinwand, wohin ich sie brauchte. Das beleuchtete mir sehr meine Arbeit und ich malte, so lange mir der Schlaf Frieden ließ… Als der Sommer kam setzte ich alle Woche einen Tag zur Ölmalerei an, konnte auf diese Art nur wenig vor mich bringen, habe auch nur einige Portraits sowie Studien und Historien gemahlt.« Seine Gemälde besitzen eine ausgeprägte Binnenzeichnung und ein Lokal Kolorit, welches durch verhaltene Intensität und wenige Weißhöhungen nur geringe optische Spannungen enthält. Diese Eigenarten zeigt auch das Berliner Ereignisbild, das Folgendes reflektiert: In Toulouse lebte der angesehene calvinistische Kaufmann Jean Calas (1698-1762), dessen Sohn Marc-Antoine sich am 13. Oktober 1761 das Leben nahm. Sofort wurde das Gerücht verbreitet, der Vater hätte ihn ermordet, weil der Junge sich mit der Absicht trug, zum Katholizismus zu konvertieren. Religiöse Fanatiker hatten es erreicht, dass Jean Calas bereits 1762 rechtsgültig zum Tode durch das Rad verurteilt wurde. Inzwischen war Voltaire auf den traurigen Fall gestoßen. Empört über diese mittelalterliche Verfahrensweise im Zeitalter der Aufklärung verfasste er eine Abhandlung über die Toleranz (Traité sur la tolerance à l’occasion de la mort de Jean Calas). So war es auch seinem Einsatz zu verdanken, dass die Familie 1765 rehabilitiert wurde. Noch im selben Jahr beauftragte Melchior Grimm, der Pariser Korrespondent der europäischen Höfe, den Kupferstecher Jean Baptist Delafosse, eine bereits vorhandene Zeichnung von Louis Carrogis de Carmontelle zu reproduzieren, die den Augenblick dieser Rehabilitierung schildert. Das Blatt gelangte noch 1765 in die französischen Kolonistenkreise von Berlin, wo es eine tiefe Anteilnahme am Schicksal des Glaubensgenossen hervorrief. Hier bekam es auch Chodowiecki zu sehen, der durch Geburt und Wahlverwandtschaft der Kolonie verbunden war. Da der Delafossesche Stich in der Stadt wenig Beifall fand, beschloss Chodowiecki, ihn in Öl zu kopieren. Nach eingehenden Studien der Vor- und Prozessgeschichte des »Calas-Falles« schuf er das Berliner Gegenstück. In der schon zitierten Biographie heißt es dazu: »Da es mir nicht darum zu thun war, der französischen Nation ein Kompliment zu machen, sondern nur einen Augenblick zu wählen, der den Anschauer rührt, und beym Gedanken des unschuldig geräderten ehrlichen Mannes eine mitleidige Thräne ablockt; so wählte ich den, da er nach dem Gerichtsplatz soll geführt werden, und seine Familie von ihm Abschied nimmt. Ich führte diesen Gedanken aus, und hatte das Vergnügen, daß niemand ungerührt davon ging. Man rieht mir, ich sollte dieses Bild in Kupfer stechen lassen, oder selbst stechen. « Die theatralische Inszenierung des Gemäldes mit der Ausleuchtung der Haupthandlung war demnach Methode. Damit ist der tüchtige Chodowiecki offenbar einer sentimentalen Zeitstimmung begegnet, der wir auch Goethes »Werther« (1774) verdanken. Das gewaltige Publikumsinteresse an dem Bild befriedigte der Maler durch Radierungen, die 1767 und 1768 in gleichem Format reproduziert wurden. Im Jahre 1770 beabsichtigte die auf Schloss (Nieder-)Schön hausen lebende preußische Königin Elisabeth-Christine, beide Gemälde zu kaufen. Allein der Preis von 100 Talern soll sie vom Erwerb abgehalten haben. Das Berliner Calas-Bild, Gemälde wie Kupferradierung, bescherte Chodowiecki eine überaus günstige Auftragslage. Fortan bemühten sich die Verleger um seine Illustrationen. Das Gemälde ist 1786 auf der ersten Berliner Akademieausstellung gezeigt worden. Es ist ein signifikantes Hauptwerk der Berliner Kunst des 18. Jahrhunderts.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019SIGNATUR / INSCHRIFT: Bez. rechts unten im Grund: [C]. Chodowiecki::::::::::__The painter came to Berlin from Gdansk (Danzig) in 1743. Consistently determined to perfect his artistic skill, he successfully sought out the company of the local artistic talent (Pesne, Falbe, Rode, Le Sueur). Until the outbreak of the Seven Years War in 1756, Chodowiecki supported himself with his miniature paintings. As we learn from his hitherto unpublished autobiography, which was printed in Meusel in 1780, he inaugurated an intense phase of painterly research at this time: “[…] I lay a piece of canvas horizontally on the table in front of me, set a lamp before me, capturing the rays of the light in a convex glass, and guided them towards my canvas, where I needed them. This illuminated my work well, and I painted for as long as sleep failed to arrive […] When summer arrived, I spent one day of the week at oil painting, but was unable to make much progress in this way, and painted only a few portraits as well as studies and histories.” His paintings possess conspicuous internal drawing and local colour whose restrained intensity and few white highlights generate only minimal optical tension.These traits are displayed as well by the Berlin picture, which illustrates the following scene: living in Toulouse was a well-respected Calvinist merchant named Jean Calas (1698–1762), whose son Marc-Antoine took his own life on 13 October, 1761. Immediately, the rumour began to circulate that the father had murdered him because the boy had intended to convert to Catholicism. Religious fanatics saw to it that in 1762, Jean Calas had been condemned in a legal process to death on the wheel. Meanwhile, Voltaire became aware of this tragic case. Scandalised by such medieval treatment in the age of Enlightenment, he composed his Treatise on Tolerance (Traité sur la tolerance à l’occasion de la mort de Jean Calas). It was also thanks to his engagement that the family was rehabilitated in 1765.That same year, Melchior Grimm – the Parisian correspondent of the European courts – commissioned the engraver Jean Baptist Delafosse to reproduce an existing drawing by Louis Carrogis de Carmontelle which depicts the event of this habilitation. In 1765, this sheet reached the circle of French colonists in Berlin, where it evoked profound sympathy for the fate of their coreligionist. And it was here that Chodowiecki – who was joined by birth and affinity to the colony – saw it as well. Since Delafosse’s print received little acclaim in the city, Chodowiecki decided to copy it in oils. The painting (Eichenzell, Hessische Hausstiftung) was indeed successful. After detailed study of the trial and antecedent events of the “Calas case”, he executed the Berlin companion piece. In the above-cited biography, we read: “Since it was not my aim to deliver a compliment to the French nation, but instead to choose a moment that would move the viewer, to evoke thoughts of the innocent, honest man being broken on the wheel that would move the viewer to tears; so I chose the moment when he was about to be led to the place of execution, with his family bidding him farewell. I carried out these ideas, and was delighted to discover that no one was unmoved. I was advised to have the picture engraved in copper, or to do it myself.”The theatrical staging of the painting, with the spotlighting of the main action, was his method of achieving this effect. Clearly, the capable Chodowiecki has conjured a sentimental atmosphere that is met the spirit of the and which we also owe Goethe’s Werther (1774). The artist satisfied the tremendous public interest in the picture through etchings that were reproduced in the same format in 1767 and 1768.In 1770, the Prussian Princess Elisabeth-Christine, who lived at Schloss (Nieder-) Schönhausen, sought to purchase both pictures. Only the price of 100 Thalers is said to have hindered the sale. The Berlin Calas picture – both painting and copper etching – brought Chodowiecki numerous commissions. From that point onward, the publishers brought out his illustrations. The painting was exhibited at the first exhibition of the Berlin Academy in 1786. It is a major work of 18th-century art in Berlin. | 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Leinwand, Ölfarbe

Maße

Rahmenaußenmaß: 44 x 57 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 44 x 57 cm, Bildmaß: 30,7 x 42,5 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 30.7 x 42.5 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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