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Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [2077]
https://id.smb.museum/digital-asset/5245610 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Christoph Schmidt (CC BY-NC-SA)
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Zwei angekettete Affen (Two Chained Monkeys)

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Beschreibung

Das ungewöhnliche Bild entstand im Jahre 1562, kurz bevor Bruegel aus Antwerpen nach Brüssel übersiedelte. Dargestellt sind zwei Affen, die an einen eisernen Ring gekettet sind und in einer gewölbten Fensteröffnung sitzen. Die schweren Ketten, das massive Mauerwerk und die niedrige Fensterwölbung verstärken den Eindruck der Gefangenschaft, aus der ein Entkommen kaum möglich erscheint. Mit großem Einfühlungsvermögen hat Bruegel das Verhalten und die Mimik der Affen charakterisiert, die in der Gefangenschaft ihr lebhaftes Wesen verloren haben. Den äußersten Kontrast zur Enge der verliesartigen Nische bildet der Blick aus dem Fenster. Man erkennt die Stadt Antwerpen mit dem Hafen und dem hoch aufragenden Turm der »Onze Lieve Vrouwekerk «. Davor leitet der breite Strom der Schelde in die Ferne, wo Wasser und Himmel ineinander übergehen. Der Kontrast zwischen der bedrückenden Enge der schattigen Maueröffnung und der lichten Weite der Landschaft mit den am Himmel dahinfliegenden Vögeln und den Schiffen, die von Reisen in ferne Länder künden, läßt die Gefangenschaft der beiden Tiere eindringlich empfinden. Die formalen Anregungen für Bruegel mögen die Stiche der Vier Affen von Israhel van Meckenem oder Dürers Madonna mit der Meerkatze geliefert haben. Von noch größerer Bedeutung müssen jedoch Studien nach der Natur gewesen sein. Bei den von Bruegel dargestellten Affen handelt es sich um die Halsband- oder Rotkopfmangabe (Cercocebus torquatus), deren Verbreitungsgebiet vom Kap Verde im Westen Afrikas bis an den Unterlauf des Kongo reicht. Bruegels meisterhafte Darstellung der beiden Affen beruht also auf exakter Naturbeobachtung. Daß es ihm dabei lediglich um eine Tierstudie ging, darf mit Recht bezweifelt werden. Fraglich ist auch, inwieweit das kleine Bild mit den Lebensumständen des Künstlers, dem bevorstehenden Umzug nach Brüssel, der Heirat und dem Verlust seiner Unabhängigkeit in Verbindung gebracht werden darf. Es ist hingegen denkbar, daß daß Bild für einen Freund gedacht war, den der Künstler in Antwerpen zurückließ. Von seiner symbolischen oder allegorischen Bedeutung her war der Affe Sinnbild für den an seine Triebe geketteten Menschen, der der Gefangene seiner animalischen Begierden ist. Offensichtlich hat Bruegel mit den angeketteten Affen gleichnishaft auf den verblendeten Menschen anspielen wollen, der, wie die zerbrochene Nuß neben den Tieren zeigt, angesichts eines Gewinnes von zweifelhaftem Wert bereit ist, seine Freiheit zu opfern. Die Gefangenschaft der Tiere ist von Bruegel als Paraphrase auf die in tierischer Versklavung lebenden Menschen gedeutet worden, die sich nicht von den christlichen Tugenden leiten lassen und deshalb einem traurigen Ende entgegensehen. Bruegel wäre nicht der Moralist, als der er sich in vielen seiner Bilder zu erkennen gibt, wenn er sich mit der Darstellung des als unabänderlich empfundenen Zustandes zufriedengegeben hätte. In diesem Bild sind die Ketten Sinnbild einer verzweifelten Situation. Erst die genaue Betrachtung zeigt, daß es einen Ausweg gibt. Sie enden nämlich in einem Knebel, der durch einen Ring gesteckt ist. Zöge man den Knebel etwas zurück und brächte ihn in eine senkrechte Position, ließe er sich durch den Ring zurückschieben und die Verbindung wäre gelöst. Da sich die beiden Affen in ihr dumpfes Schicksal ergeben haben, gelangen sie nicht zu der Erkenntnis, daß sie sich selbst befreien könnten. Sie sind außerstande, die ihnen von der Natur verliehenen Gaben sinnvoll einzusetzen und sich selbst zu retten. Ähnlich ergeht es dem Menschen, der aufgrund mangelnder Einsicht sein eigener Gefangener bleibt. Bruegels Botschaft lautet deshalb, daß erst die Besinnung des Menschen auf sich selbst ihn auf den rechten Weg zu führen vermag. Ein in Klugheit und Bescheidenheit geführtes Leben wird ihn dann in die Lage versetzen, die selbstverschuldete Gefangenschaft abzuschütteln und sich aus der seelischen Knechtschaft zu befreien. Diese ethisch-rationalistische Grundhaltung begegnet uns beispielhaft in den humanistischen Schriften des Erasmus von Rotterdam und des Dirck Volckertsz Coornhert. Sie ist Ausdruck einer Moralphilosophie, die viele der tiefgründigen Allegorien Pieter Bruegels erfüllt, den spätere Generationen allzu oberflächlich als »Bauern-Bruegel« bezeichnet haben.| 200 Meisterwerke der europäischen MalereiGemäldegalerie Berlin, 2019 SIGNATUR / INSCHRIFT: Bez. links unten: • BRVEGEL • MDLXII • :::::::::::::::::::__ This unusual picture dates from the year 1562, shortly before Bruegel relocated from Antwerp to Brussels. Depicted is a pair of monkeys, both chained to an iron ring and sitting in the opening of an arched window. The heavy chains, the massive masonry, and the low arch of the window strengthen an impression of confinement, from which there is apparently no possibility of escape. With great sensitivity and empathy, Bruegel has characterised the attitudes and expressions of the monkeys, which seem to have been deprived of their liveliness by their imprisonment. There is a powerful contrast between the constriction of the dungeon-like niche and the view through the window. Recognisable is the town of Antwerp with its harbour, and the tall, looming tower of the “Onze Lieve Vrouwekerk” (Church of our Lady). Before the town, the broad stream of the Scheldt River leads into the distance, where water and sky merge. The contrast between the oppressive closeness of the shadowy wall opening and the bright expense of the landscape, with its birds flying in the sky and its ships, which herald journeys to distant lands, allows the holder to empathise all the more strongly with the captive condition of these creatures. Among the stimuli Bruegel drew upon for this painting may have been an engraving entitled Four Monkeys by Israhel van Meckenem and Dürer’s Madonna with the Monkey. Of even greater significance however must have been studies after nature. The monkeys depicted by Bruegel were Collared or Red-capped Mangabeys (Cercocebus torquatus), whose area of distribution ranges from Cape Verde in West Africa to the Lower Congo. Bruegel’s masterful depiction of these animals was based on the precise observation from life. It can hardly be supposed however that he attempted here to produce a mere animal study. Questionable as well is the degree to which this little picture can be related to the artist’s life circumstances, his imminent relocation to Brussels, or his marriage and concomitant loss of independence. On the other hand, it is conceivable that this picture was intended for a friend the artist left behind in Antwerp. Concerning this image’s symbolic or allegorical significance, the monkey was an emblem of the individual who is chained to his desires, a prisoner to animalistic cravings. With the image of the chained monkeys, evidently, Bruegel sought to allude allegorically to deluded people who were prepared – as implied by the broken nuts lying next to the animals – to sacrifice their freedom for a gain of dubious value. The captivity of these animals in Bruegel’s picture can be interpreted as a paraphrase of people who exist in bestial enslavement, who are not guided by Christian virtue, and can therefore look forward to a pitiful end. Bruegel would not however have been the moralist we recognise in so many of his pictures if he had been content to merely depict a situation that is conceived as irrevocable. In this painting, the chains are emblems of a desperate situation. And a precise examination of that situation reveals that there is in fact a way out. As it happens, the chains terminate in a toggle, which has been inserted into a ring. If the toggle is retracted and brought into a vertical position, it can be forced back through the ring, disengaging the connection. Having surrendered to their gloomy fate, the two monkeys never arrive at the awareness that they can liberate themselves. They are incapable of meaningfully employing the gifts with which nature has endowed them in order to rescue themselves. Much the same is true of people who, lacking sufficient insight, remain their own prisoners. Bruegel’s message, then, is that only the individual’s self-reflection is capable of leading him onto the right path. A life that is conducted with wisdom and modesty will enable him to shake off his self-imposed imprisonment, to free himself from spiritual bondage. This is the same fundamentally ethical and rationalistic ethic we encounter in exemplary form in the humanistic writings of Erasmus of Rotterdam and Dirck Volckertsz Coornhert. It is an expression of the moral philosophy that is materialised in many of profound allegories of Pieter Bruegel – who was referred to with striking superficiality by later generations as “Peasant Bruegel”.| 200 Masterpieces of European Painting – Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Eichenholz

Maße

Rahmenaußenmaß: 37,3 x 41,1 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 37.3 x 41.1 cm, Bildmaß: 19,9 x 23,3 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 19.9 x 23.3 cm, Andere Maße: Vitrine 112,5 x 110 x 9,5 cm, Andere Maße: 9.5 x 112.5 x 110 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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