Der kleine Holzkasten ist innen mit einem stückgefärbten blauen Leinwandgewebe und an allen Außenseiten, auch am Boden, mit gepresstem Leder bezogen. Seine Kanten sind mit gewinkelten Messingblechstreifen beschlagen, um deren regelmäßig angeordneten Befestigungsnägel kreisförmigPunktpunzierungen angelegt sind. Drei Scharnierbänder, die in schmale Stäbe mit quadratischen Rosetten übergehen, verbinden den flachen Deckel mit dem Unterteil des Kastens. Die beiden äußerenDeckelbeschläge besitzen dagegen keine Scharnierfunktion. Die vordere und die seitlichen Wandungen des Kastens sind durch je zwei schmale Rosettenstäbe gegliedert; gleichartige Elemente sind gebogen auch als Eckbeschläge verwendet worden. An der Vorderseite befindet sich vor dem versenkt montierten Schloss ein rechteckiger Schildbeschlag mit gezahntem Rand und einer schlichten gravierten Rahmung. Als Handhabe ist am Kastendeckel ein länglich gebogener Griff befestigt.
Die Lage der Metallbeschläge nimmt Rücksicht auf die Gestaltung des Lederbezuges. Auf dem Deckel erscheinen in den vier Feldern auf zwei Register verteilt oben von links nach rechts ein Schriftband mit „maria“, ein geflügeltes Fabeltier, zweigartig stilisiertes Blattornament sowie ein Schriftband mit „yhesus“. Darunter sind von links nach rechts ein Fabeltier mit anthropomorphem Oberkörper, ein Bogenschütze, eine Dame mit einem Gefäß in der Rechten sowie ein Drache dargestellt. An den seitlichen Wandungen finden sich, an der Vorderseite links beginnend, folgende Darstellungen: ein Vogel, ein gewandeter Drache, Blattwerk und ein Hund der vom Drachen verschlungen wird. An der rechten Schmalseite folgen Felder mit Blattwerk, einer Krone und erneut mit Blattwerk, während an der Rückseite von links beginnend ein Vogel Strauß, zwei Felder mit Kronen sowie ein Hund und an der linken Schmalseite wieder ein Vogel Strauß, eine Krone und Blattwerk erscheinen. Unter diesen Darstellungen umläuft den Kasten folgende, an der Vorderseite links beginnende Inschrift: „moch/teyk // myn/en will/len h//an yk / wold/e dem/e keis//er sin ri/kelan“ (Könnte ich meinen Willen haben, ich wollte dem Kaiser sein Reich lassen). Dabei handelt es sich um ein Zitat aus der zwischen 1215 und 1230 entstandenen und bis in die frühe Neuzeit hinein sehr populären Spruchdichtung Freidanks Bescheidenheit (Grimm/Bezzenberger 73,20).
Der Text sowie das zentrale Figurenpaar des Bogenschützen und der Dame auf dem Deckel verweisen auf eine ursprünglich profane Zweckbestimmung dieses zu unbekannter Zeit in den Herforder Kirchenschatz gelangten Kästchens. LL
Entstehungsort stilistisch: Deutschland
Historischer Standort: bis 1885 Herford, St. Johanniskirche
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