Mit hunderten von Porträt- und Figurenstudien bereitete Franz Krüger seine großen Paradedarstellungen vor, mit denen das jeweilige militärische Schauspiel der Bedeutungslosigkeit entrückt und durch die Menge der in Szene gesetzten Zuschauer zum markanten Ereignis in der Welt des Berliner Biedermeier wurde. Dazu nutzt Krüger den königlichen Auftrag, in diesem Falle der Darstellung einer Parade des ersten Garderegimentes zu Fuß im Jahre 1837 Unter den Linden. Auf diesem seinem zweiten Paradebild (im Neuen Palais in Potsdam), das er 1839 vollendete, stellte er eine große Anzahl von Personen im Vordergrund und den Vorbeimarsch nicht sonderlich betrachtend, dar. Von ihnen konnte man 135, vor allem Beamte, Militärs und Künstler, namhaft machen. Unter ihnen befindet sich auch das berühmte Tänzerpaar Paul Taglioni und dessen Frau Amalie geb. Galster. Taglioni, später Ballettmeister und Ballettdirektor, und seine Familie machten die Berliner Hofoper zu einer der renommiertesten europäischen Ballettbühnen. Krüger, vor allem Porträtist, gibt die Gesichter seiner Modelle, die er in jeweils ca. einstündigen Sitzungen dargestellt haben soll, mit den Mitteln des Aquarells akribisch genau und doch verlebendigt wieder. Die Gestalten sind nur mit Bleistift sparsam angedeutet. In der Gesamtwirkung des Bildes, in dem sich die Dargestellten zur vielköpfigen Menge summieren, kam es ihm ganz auf die Erkennbarkeit der Gesichter an: In Wirklichkeit sind sie und nicht das Zeremoniell im Hintergrund, die »Parade«.
Text: Gottfried Riemann, in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 381f., Nr. VII.30 (mit weiterer Literatur
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