Der Name des älteren Matthäus Merian ist in erster Linie mit der berühmtesten Topographie des 17. Jahrhunderts verknüpft (Frankfurt a.M. 1642-1688). Über 2000 gestochene und radierte Abbildungen zeigen europäische Städte. Darunter ragen die von Merian selbst herrührenden Entwürfe hervor sowie die einiger anderer bedeutender Zeichner, z.B. seines Schülers Wenzel Hollar. Das Werk ist aber nicht zuletzt auch eine verlegerische Leistung.
Unser Blatt muß in den Jahren von Merians Baseler Aufenthalt entstanden sein, bevor er in Frankfurt a.M. den Verlag Theodor de Brys übernahm. Die unbezweifelbare Aufschrift durch den Sohn des Künstlers, aus dessen Sammlung das Blatt wohl direkt nach Berlin gelangte, sichert die Zuschreibung einer der freiesten Zeichnungen von der Hand des älteren Merian. Er wächst darin weit über seine sonst häufig kleinteiligen gewissenhaften Zeichnungen hinaus. »Der leicht schwingende Strich, die Spannung von Licht und Schatten erwirken eine malerische und zugleich plastische Wirkung rein künstlerischer Art, wie sie Merian später selten wieder erreichte«, schrieb H. Möhle. Mit diesem künstlerischen Stellenwert stimmt die Feststellung überein, daß der Zeichner sich Freiheiten mit der tatsächlichen Topographie der Stadt nahm.
Text: Gero Seelig in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 144, Kat. III.76 (mit weiterer Literatur)
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