Im unteren Bildfeld liegt ein mit Kapuzenmantel bekleideter greisenhafter Mönch auf dem Boden und schnarcht mit weit aufstehendem Mund den leeren Raum an. Durch seine steife Rückenlage, die abgespreizten Arme und das etwas verzerrte Gesicht wirkt er wie erschlagen, so, als hätte eine höhere Gewalt (in diesem Fall der Schlaf) ihn niedergeworfen. Mit scharfer Realistik, die sich in der Körperhaltung und vor allem dem ausdrucksvollen Gesicht des Alten bemerkbar macht, kennzeichnet Goya hier die Beschwerlichkeit des Alters. Durch die lakonische Bildlegende erhält die Szene eine komische Note. Aus demselben Zusammenhang stammt noch ein anderes, öfter ausgestelltes Blatt des Kupferstichkabinetts: »Sueno de buena echizera« (Traum von einer guten Hexe [...]). Beide gehören zum sog. Album D, das unvollendet geblieben und vielleicht um 1816-18 - nicht wie ursprünglich angenommen zwischen 1801-03 - entstanden ist. Mit seinen 18 bekannten und einigen zusätzlich vermuteten Zeichnungen, die als verschollen gelten, stellt dieses Skizzenbuch das vom Umfang schmälste unter den acht Goya-Alben dar. Während des 19. Jahrhunderts wurden jene größtenteils auseinandergenommen, so daß deren einzelne Blätter in eine Vielzahl von Sammlungen gelangten und der ursprüngliche Zusammenhang später in mühseliger Kleinarbeit rekonstruiert werden mußte. Nur aufgrund der intensiven Forschungsarbeiten E. Sayres und P. Gassiers konnte ein solch schwieriges Unterfangen gelingen. Der wesentliche Teil von Goyas zeichnerischem Schaffen beginnt um die Mitte der 90er Jahre - also nach seiner schweren, zur Taubheit führenden Krankheit - und entwickelte sich fast ausschließlich in den zum Teil parallel nebeneinander angelegten Skizzenbüchern des Zeitraumes zwischen 1796 und 1824/28. Deren Charakter entspricht größtenteils nicht dem von Skizzenbüchern im herkömmlichen Sinne, sondern läßt sich eher den druckgraphischen Serien Goyas vergleichen. Es handelt sich meist um durchgearbeitete, nach inhaltlichen Kriterien geordnete Bildzyklen, deren einzelne Bestandteile auf vielfältige Weise miteinander verknüpft sind. Thematisch schließen die Zeichnungen des Albums D an die »Caprichos« an. Allerdings konzentriert sich Goya jetzt auf wenige, manchmal sogar einzelne Figuren und verzichtet auf die Gestaltung des Hintergrundes.
Text: Sigrid Achenbach in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 344, Kat. VI.47 (mit weiterer Literatur)
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