Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker. Zweiter Theil, Zweite Abtheilung, S. 7:
"Blatt 10, 11, 12, 13. Wir geben hier mehrere Gemälde-Rahmen, welche nach Schinkels Zeichnungen für das Königliche Museum in Berlin ausgeführt sind. Es ist, bei den Entwürfen der reicheren unter ihnen, der Charakter der Zeit berücksichtigt, welcher die von diesen Rahmen umfassten Gemälde angehören."
Zu diesem Tiefdruck für die „Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker“ existiert eine Vorzeichnung, vgl. Inv. SM 43a.8.
Für das Museum am Lustgarten entwickelte Schinkel ein ästhetisches Gesamtkonzept, das auch die Rahmengestaltung für die königliche Gemäldesammlung einschloss. Etwa 600 Bilder benötigten Leisten, da sie bislang ungerahmt gewesen waren oder die Restaurierung vorhandener Rahmen als zu teuer erschien. Schinkel entwickelte zu diesem Zweck ein Typenrahmensystem, bestehend aus vier klassizistisch und zwei »gotisch« gestalteten Grundtypen, die je nach Größe in ihrer Profilierung und je nach Wertigkeit des Bildes in ihrer Ornamentierung variieren. Die Gemälde der Sammlung waren in 14 Qualitätsstufen untergegliedert, deren Werke der 3. bis 14. Klasse diese Typenrahmen erhielten. Werke der 1. und 2. Klasse wurden aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung mit individuellen Umfassungen versehen, die nach damaligem Verständnis Sujet, Malweise und Entstehungszeit berücksichtigten.
Die Grundform aller Standardrahmen ist rechteckig, zur Anpassung an gerundete Gemäldeabschlüsse können sie mit Zwickeln versehen sein. Der zeitliche und finanzielle Mangel machte eine aufwendige Herstellung unmöglich. Die damals übliche dichte Hängung verbot extreme Auskragungen über den Rand hinaus. Schinkel favorisierte eine matt schimmernde Ölvergoldung des Holzes. Sie erschien ihm offenbar als optimale ästhetische Ergänzung zur Patina der historischen Gemälde. Auch die aus Blei hergestellten Ornamente der Rahmen wurden mit dieser Technik behandelt, eine Angleichung verschiedener Goldtöne hätte der notwendigen rationalisierten Fertigung nicht entsprochen. Die Ornamente wurden zumeist mit Verzierungen aus Vergoldermasse oder Kreidegrund, die mittels eines Spritzbeutels auf die Rahmen aufgebracht wurden, kombiniert. Vielfach ist der Einsatz des neu entwickelten Zinkgusses für die auf die Holzleisten aufgenagelten Verzierungen angenommen worden, doch konnte er bislang an keinem Museumsrahmen nachgewiesen werden. Aus Holz geschnitzte Dekorationen finden sich bis auf Drehstäbe in Hohlkehlen oder zur Trennung von Tafeln nur selten. Dieses »Baukastensystem« gestattete eine bemerkenswert breite optische Vielfalt. Schinkel gab den mit der Ausführung betrauten Handwerkern detaillierte Anweisungen, wie aus erhaltenen Vertragsbedingungen hervorgeht (GStA PK, I. HA, Rep. 137 II, D Nr. 3). Bisher ist eine Verwendung Schinkelscher Typenrahmen abseits des musealen Kontextes nicht belegt. Außerhalb der Sammlung der Berliner Gemäldegalerie nachweisbare Leisten sind durch Tausch oder Abgabe dorthin gelangt. Vielfach handelt es sich auch um Rahmen im »Schinkel-Stil«, die sich an den Entwürfen Schinkels für das Museum am Lustgarten orientierten. Dies war ganz im Sinne Schinkels, wie die Aufnahme von Rahmenentwürfen in die „Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker“ belegt.
Text: Nadine Rottau (2012)
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