Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker. Zweiter Theil, Zweite Abtheilung, S. 3f.:
"Blatt 2. Zwei Bronze-Gefäße, jetzt im Museo Borbonico; gleiche sind aus der Kollerschen Sammlung an das Berliner Museum übergegangen. Wir geben diese Gefäße besonders auch in der Beziehung, um die Feinheit anschaulich zu machen, welche darin liegt, die Verzierungen der Profile so zart und doch so scharf und correct zu halten, daß sie reich, zierlich erschienen, ohne den Umriß der Profile und die Haupt-Form des Gefäßes im mindesten zu stören. Wo die Verzierung eines Gegenstandes, ihrer natur und Zwecke entgegen, zur Hauptsache wird und vorzugsweise in den Augen fallen soll, die Form des verzierten Gegenstandes aber Nebensache ist, da ist Rohheit oder Verfall des Kunstsinns vorhanden. Wenn wir ähnliche Gefäßverzierungen unserer neusten Silberarbeiten mit den vorliegenden vergleichen, die breiten hohen plumpen Zierstäbe und Drosseln, die das Profil des Gefäßes weit überragen, um durch größeren Glanz, durch Schattenmassen und Reflexe dem Auge des Käufers zu imponiren, dann sollte man häufig glauben, es sie hier nicht blos eine Carricatur der Antike gegeben, sondern es seinen Mexicaner aus der Zeit der Inca’s, welche griechische Kunst auf ihre Weise anzuwenden versucht hätten. Der Henkel bei unten abgebildeten Situla sind im Kreistücke gebogen, so dass sie beim Herunterlassen genau auf den Rand des Gefäßes aufliegen und, da sie überall gleich hoch sind, ein Ganzes mit dem Gefäße bilden. Sie haben deshalb von ihrem Drehpunkte an, soweit sie das aufrecht stehende Lager umkreisen, einen Einschnitt und eine geringere Höhe. Gefäße dieser Art waren im Alterthume sehr kostbar, und mussten es sein, weil sie nur mit aus freier Hand getriebener Arbeit verziert werden konnten. Wir haben dem Versuche nicht widerstehen können, diese Situla mit den Hülfsmitteln der heutigen Technik im Gewerbe-Institut genau kopieren zu lassen, so dass nur die Victoria mit den Greifen, welche sich auf der anderen Seite des Gefäßes wiederholt, aus freier Hand geschrieben wurde, weil das Gefäß im Feuer vergoldet werden sollte, und ein Einlöthen eines gestanzten Stückes nicht zulässig war. Die Gliederverzierungen wurden durch mechanische Hülsmittel und Stahlstempel auf das Exacteste gepresst. Ein solches Gefäß würde sich für unsere heutigen Bedürfnisse besonders zu einem Eistopfe eignen. Das Maaßstab unter den Figuren bezeichnet das Verhältniß nach preußischen Zollen."
Siehe auch Inv. SM 53.5, Inv. SM 53.7 und SM 53.13
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