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Kupferstichkabinett [SZ Böcklin 15]
http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=1604119&resolution=superImageResolution#3308524 (Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Paolo und Francesca in der Hölle (nach der "Göttlichen Komödie" von Dante, Inferno, Canto 5)

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Beschreibung

In den Jahren von 1893 bis 1895 beschäftigte Böcklin ein Stoff aus Dantes Göttlicher Komödie. Es ist eine Szene aus dem Zweiten Kreis der Hölle (Canto V), die Dante, der das Inferno in Begleitung des Dichters Vergil durchwandert, ohnmächtig hinsinken ließ. Das geschah angesichts der beiden eng umschlungenen weinenden Gestalten Paolos und Francescas, deren Strafe der Dichter entgegen dem üblichen Maß für unchristlich Gestorbene dadurch milderte, daß er sie in ewiger Treue verbunden beschrieb, die Qualen der Hölle gemeinsam durchleidend, um im Schmerz geläutert zu werden. Die Geschichte der so Gequälten hatte sich zu Dantes Lebzeiten ereignet. Francesca, Tochter des Guido da Polenta, Herrn von Ravenna, um 1275, zur Befriedung eines Familienzwistes mit dem hinkenden Gianciotto Malatesta, Herrn von Rimini, verheiratet, war in Liebe entflammt zu dessen jüngerem Stiefbruder Paolo dem Schönen, der ebenfalls aus Familienrücksichten verheiratet worden war. Als Malatesta ihre Liebe entdeckte, tötete er beide um 1285. Das Geständnis ihrer Liebe, schrieb Dante (Vers 127-128), geschah beim Lesen von Galeottos Roman Lanzelott und Ginevra. Während die Leseszene erst mit der literarischen Wiederentdeckung Dantes im 18. Jahrhundert Bildüberlieferungen kennt, reicht die Darstellung der Höllenszene ins 14. Jahrhundert zurück. Böcklins Kompositionen zu dieser Szene lassen erkennen, wie er im Laufe der drei Jahre von einer mehr vordergründig, körperbetonten hochdramatischen Auffassung zu einer vereinfachten, auf psychische Durchdringung in der Widerspieglung der Leiden zielenden gelangt. Zum 1893 datierten Gemälde im Museum der Stiftung Reinhart in Winterthur gibt es drei entsprechende Entwürfe im Kunstmuseum Basel. Beide Gestalten leuchten farbig gekleidet aus dem Dunkel des Bildhintergrundes. Die Wildheit im Ausdruck des Paolo, die gewaltsam wirkende Geste, mit der er die sich weinend wegwendende Frau hält, befremdet als Ausdruck des gemeinsamen Leides. Anregung zu den schwebenden Ganzfiguren hatte Böcklin schon früher in Neapel beim Studium der pompejanischen Malereien erhalten, um 1860 im Bild der Hoffnung (Privatbesitz Pratteln) auch bereits aufgenommen. Ein möglicher Einfluß von Pierre-Paul Prud´hons berühmten Rundbild der zur Erde schwebenden Weisheit und Wahrheit 1799 (Louvre Paris) sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden. Der kleine Entwurf dazu kam aus Privatbesitz in Freiburg i.Br. in die Neue Pinakothek in München. Eine Zeichnung zum Winterthurer Bild (Basel, KK 1916.291) befindet sich auf der Rückseite des Porträts von Böcklins Hausnachbarin in San Domenico, Frau Marie Meyer aus Freiburg i.Br., in deren Besitz auch sein Bild der Freiheit (1891, Nationalgalerie Berlin) war.
Mit unserem Entwurf, zu dem es noch einen vergleichbaren Bleistiftentwurf (Basel KK 1923.38) gibt, veränderte Böcklin die Komposition entscheidend. Er griff zwar die halb verhüllte weibliche Gestalt, die er mit dem Effekt der schönen Entblößung des Oberkörpers häufig benutzte, auf, verzichtete aber auf den Kontrast zwischen dunklem Gewand und Helligkeit der Haut. Beide Gestalten erscheinen ganz hell über den Felsen vor der Dunkelheit, wie von den Winden der Hölle geweht, der Mann nackt, die Frau gleichsam nackt. An den Hüften wie zusammengewachsen, mit schmerzvollem Ausdruck in den nach hinten fallenden Häuptern bilden die Körper fast ein auf der Spitze stehendes Dreieck, wodurch das Schwebende sehr überzeugend wird. In dieser Figuration von monumentaler, kaum bewegter Starre, spricht sich etwas vom Konflikt der Geschlechter aus, wie er im 19. Jahrhundert vielfach thematisiert wurde. Unsere Zeichnung wurde von Andree (Ausst. Kat. Arnold Böcklin, Düsseldorf 1974 Nr. 86) nach der entsprechenden Ölstudie in Weimar, Staatliche Kunstsammlungen, in das Jahr 1895 datiert.

Text: Marie Ursula Riemann-Reyher, in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, B

Material/Technik

Feder und Pinsel in Schwarz, auf gelblichem Papier

Maße

Blattmaß: 22,4 x 14,9 cm; Bildmaß: 17,2 x 10,2 cm

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Kupferstichkabinett

Objekt aus: Kupferstichkabinett

Das Kupferstichkabinett ist das Museum der Graphischen Künste bei den Staatlichen Museen zu Berlin. Es bildet dort das Sammlungs-, Kompetenz- und...

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