Die Welt der Götter haben sich die Griechen als eine Abfolge verschiedener Generationen vorgestellt, die einander durch Kampf und List ablösten und dabei ihren Anspruch auf die Herrschaft über die Welt zeigten. So ist auch der Mythos vom Aufstand der Giganten, der Kinder der Erdmutter Gaia, gegen die auf dem Olymp lebenden Götter – eigentlich ihre Großnichten und -neffen – seit alters her in Dichtung und Kunst der Griechen ein zentrales Thema gewesen. Damit wurde die Macht der olympischen Götter legitimiert, der Grundpfeiler der Religion befestigt.
Auf dieser Schale sind beide Außenseiten als Einheit komponiert: Links ist der Olymp – durch eine Säule als Palast markiert – angedeutet, den Zeus mit seinem Viergespann nach rechts verlässt. In der Rechten schwingt er das todbringende Blitzbündel, die andere Hand hält Zügel und Szepter. Hinter dem Viergespann ist Herakles, Zeus’ Sohn, zu sehen. Nach einem Orakel konnten die Götter die Schlacht nur gewinnen, wenn ihnen ein Sterblicher half. Vor dem Gespann sticht Athena mit ihrer Lanze auf einen am Boden liegenden Giganten ein. Auf der anderen Seite attackiert ein als Hoplit dargestellter Gigant den Schmiedegott Hephaistos, der sich mit Zangen und scharfkantigen Stücken glühenden Metalls zur Wehr setzt. Hinter ihm, zur rechten Seite hin, kämpft Poseidon mit langem Dreizack gegen einen weiteren Giganten. Der Meeresgott hält außerdem noch einen großen Felsblock – der literarischen Überlieferung zufolge die Insel Nisyros – als Wurfgeschoss in der Hand; auf diesem ist ein rennender Fuchs zu sehen. Ganz rechts bekämpft Hermes, kenntlich durch Reisemantel (Chlamys) und -hut (Petasos), einen ebenfalls zu Boden gesunkenen Giganten, der ein Schwert in der Hand hält.
Im Innenbild wird Selene, die Mondgöttin, gezeigt, wie sie mit ihrem Wagen, der von zwei geflügelten Rossen gezogen wird, in den Okeanos hinabfährt. Mondscheibe und Sterne über und neben dem Kopf deuten den Nachthimmel an.
Die Ikonographie der Giganten entspricht hier noch dem Bildschema der Archaik: Sie sind menschengestaltig und als schwerbewaffnete Krieger (Hopliten) dargestellt. Erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. erscheinen Giganten mit Schlangenbeinen, Flügeln und Tierköpfen – wie sie dann auch meist im Großen Fries des Pergamonaltars zu sehen sind.
Von Göttern und Menschen - Bilder auf griechischen Vasen (2010) Nr. 4 (U. Kästner).
Angaben zur Herkunft:
Brygos-Maler (Schaffenszeit: 1. Drittel 5. Jh.v.Chr.), Maler
Anfang 5. Jh.v.Chr.
Genauer: um 490 v.Chr.
Fundort: Campo Scala (Italien / Etrurien / Vulci)
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