Als eine Sonderform des Hochdruckes entstand um 1450 der Metallschnitt. Anders als beim verwandten Holzschnitt wird das graphische Erscheinungsbild bei dieser Technik nicht so sehr von den reinen Umrißlinien der erhabenen Stege definiert, sondern vorrangig von der stehengelassenen Fläche der Metallplatte, aus der zuvor die Linien, die auf dem Papier weiß erscheinen, mit Messern herausgeschnitten wurden. Üblich war der Gebrauch von verschiedenartigen Punzen, die in das weiche Metall gestanzt wurden. Wegen der an Schrotkörner erinnernden Punktierung auf vielen Blättern nennt man diese Arbeiten auch Schrotblätter.
Die Kalvarienbergdarstellung, von der ein zweites Exemplar in Washington vorhanden ist, gehört zu den beeindruckendsten Erzeugnissen dieser Gattung. Die Figuren erscheinen vor einem tapetenartigen Muster. Durch das aufgetragene Blattgold tritt der Nimbus des Gekreuzigten auf dem dunklen Fond besonders deutlich hervor. Treffend sind die verzweifelten Handgebärden der trauernden Anhänger Christi geschildert. Die vom Rücken her gesehene Trauernde rechts erinnert in ihrer Plastizität an oberrheinische Malerei aus dem Umkreis des um 1440 in Basel tätigen Konrad Witz. Ganz unten hat der Metallschneider, dem die Kunstgeschichte hiernach den Notnamen Meister mit dem Keulenwappen verliehen hat, sein Zeichen angebracht.
Text: Holm Bevers in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 94, Kat. III.5 (mit weiterer Literatur)
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