Der von vier Platten (in schwarzer, blauer, gelber und roter Farbe) gedruckte »Almanach National« stellt technisch und inhaltlich eine von Debucourts interessantesten Arbeiten dar. Als praktischen Gebrauchsgegenstand und Wandschmuck für die Wohnstube von Patrioten empfahl ihn der Künstler am 7. 1. 1791 den Lesern einer Pariser Tageszeitung zum Kauf. Das Sockelgeschoß des dargestellten Marmor-Monumentes enthält unterhalb der Jahresangabe ein querrechteckiges helles Feld, das für den separat gedruckten und hier aufzuklebenden Kalender vorgesehen war. Auf beiden Seiten dieses Feldes sind Tafeln mit Reden des Königs angebracht. Der Sockel trägt ein Bronzerelief. Dessen Rahmenzone ist oben mit dem Bildnis König Ludwigs XVI. geschmückt. Beidseitig halten Löwenköpfe Gehänge aus kleinen Namenstäfelchen an Bändern im Maul. U.a. sind die Namen von Robespierre, Camus und Mirabeau eingetragen. Im Hauptfeld sitzt auf einem Sockel aus Trümmerresten der Bastille die Nationalversammlung in Gestalt einer Minerva und meißelt die verfassungsmäßigen Rechte in Tafeln. Als Tisch benutzt sie einen Würfel, der die Inschrift »Menschen-und Bürgerrechte« trägt, und die Gleichheit symbolisiert. Ihre Sitzgelegenheit bildet ein römischer Ehrenstuhl mit »fasces« (Rutenbündeln mit Beil) an den Seiten. Auch diese sind als Symbole für Stärke und Einheit zu verstehen. Über das Rutenbündel der Rückenlehne ist eine Jakobinermütze gestülpt. Ein mit der Fackel der Vernunft versehener Genius der Freiheit steckt neben der Nationalversammlung verschiedene Privilegien, Auszeichnungen und »andere Mißstände« des Ancien Regime in Brand. Damit treibt er die »blinden Vorurteile« - personifiziert durch Putten - zur Flucht in Unvernunft und Gesetzlosigkeit. Auf der gegenüberliegenden Seite empfängt eine begeisterte Kindergruppe - sie stellen die 83 Departements dar - die vom französischen Senat verabschiedeten Dekrete. Vor dem Denkmal findet rechts gerade eine Verbrüderung zwischen einem Franzosen und einem Engländer statt. Vertreter anderer Nationen, die der Szene beiwohnen, werden animiert, es ihnen gleich zu tun. Links bietet eine Zeitungs- und Kokardenverkäuferin an ihrem Stand die Beschlüsse der Nationalversammlung an. Zwei im Geist der französischen Revolution erzogene Kinder verschrecken ein älteres Aristokratenpaar mit ihrem Hinweis auf den 14.Juli.
Text: Sigrid Achenbach in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 330, Kat. VI.31 (mit weiterer Literatur)
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