Die Gebeine des hl. Patroklus, eines Märtyrers aus römischem Patriziergeschlecht, wurden 960 vom Kölner Erzbischof Bruno aus Troyes in der östlichen Champagne erworben und später dem von ihm in Soest gegründeten St. Patrokli-Stift geschenkt. 1311 entschlossen sich Stiftsdekan und Kapitel, die Reliquien des Heiligen in einen neuen Schrein umzubetten, und beauftragten 1313 den Goldschmied Sigefridus mit dessen Ausführung. Es entstand ein hausförmiges Schreingehäuse in der Tradition rheinisch-maasländischer Beispiele des 12. und 13. Jahrhunderts, allerdings in gotischen Architekturformen gestaltet und darin französischen Werken wie dem Schrein des heiligen Taurinus in Evreux vergleichbar. An den Schmal- und Längsseiten fanden sich die Silberstatuetten von Christus, der Muttergottes, des heiligen Patroklus, des ebenfalls heiliggesprochenen Erzbischofs Bruno und der Apostel aufgestellt. Im Jahr 1841 durch König Friedrich Wilhelm IV. durch Ankauf vor dem Einschmelzen gerettet, ging der Schrein beim Brand im Bunker Friedrichshain 1945 offenbar zugrunde. Wenige Figuren konnten geborgen werden, andere wurden durch Diebstahl entwendet und mußten zurückerworben werden. Eine 2003 zurückgekaufte Apostelstatuette von besonderer Qualität zeichnet sich durch eine lebendig gestaltetes Gesicht und fein ausgearbeitete quirlige Locken aus. Dieses ›Meisterstück‹ der Goldschmiedekunst dürfte um 1340 dem von Sigefridus geschaffenen Bestand hinzugefügt worden sein.
H. K.
Historischer Standort: Soest
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