Da man im Mittelalter viel eher mit den Fingern als mit Besteck aß, gehörte das Händewaschen nicht nur zu den liturgischen, sondern auch zu den weltlichen Gepflogenheiten. Ab dem Ende des 15. Jahrhunderts entstanden Löwen-Aquamanilen mit Schilden, die ihre Verwendung bei Festmahlen in Zünften und Privathäusern belegen. Dies ist der Fall für den Gießlöwen aus der Skulpturensammlung. Durch seine Vorwärtsbewegung, die stilisierte Gestaltung der Mähne und das offene Maul erinnert das Gefäß stark an den bronzenen Löwen, den der Welfenherzog Heinrich, genannt »der Löwe«, um 1166 als Symbol seiner Macht auf dem Burgplatz seiner Hauptstadt Braunschweig errichten ließ. Ob der Berliner Gießlöwe für eine Zunft oder eine Privatperson geschaffen wurde, ist nicht bekannt, die Anlehnung an Heinrichs Löwen aber ist offensichtlich und vermittelt etwas von der Würde des Prototyps und dessen Auftraggeber. (Julien Chapuis 2017)
Entstehungsort stilistisch: Braunschweig
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