Die auf einem Segmentbogen lagernde Aktfigur eines kahlköpfigen, finster dreinblickenden Mannes scheint in einem Anfall von Wut mit weit geöffnetem Mund zu brüllen. Aufgrund seines unberechenbaren Temperaments sind die Hände an den Gelenken miteinander verkettet. Nicht nur der sanft geschwungene Giebel, auch die Komposition der darauf ausgestreckten Figur erinnert an Michelangelos lagernde, die Zeiten des Tages symbolisierende Gottheiten aus der Medici-Kapelle in San Lorenzo in Florenz. Insbesondere das Motiv des sich auf dem Unterarm stützenden Armes, der die Aufrichtung des Oberkörpers erlaubt, ist Michelangelos Figur des „Abends“ entlehnt.
Das bei seiner Erwerbung 1908 zunächst noch Pietro Tacca (1577-1640) zugeschriebene Modell konnte inzwischen mit überzeugenden Argumenten dem dänischen und überwiegend in England tätigen Bildhauer Caius Gabriel Cibber zugewiesen werden. Die hier dargestelte Allegorie des Wahnsinns ist das Pendant zur Liegefigur der Melancholie, die der Bildhauer als Giebelfiguren für das Hauptportal des Royal Bethlem Hospitals in Moorfields schuf. Das 1247 in Bedlam, vor den Toren Londons gegründete Hospital war seit dem Ende des 14. Jahrhunderts ein Heim für Geisteskranke. Als die Stadt 1666 einem Brand weitgehend zum Opfer fiel, ließ man zwischen 1674 bis 1676 einen Neubau nach den Plänen des Architekten Robert Hooke (1635-1703) außerhalb der Stadt in Moorfields errichten, wofür Cibber schließlich die beiden lebensgroßen Liegefiguren in Stein schuf. Bei dem hier ausgestellten Werk handelt es sich um einen ersten künstlerischen Entwurf des Künstlers.
Entstehungsort stilistisch: London
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