Zu den letzten Werken des Malers gehört diese visionäre Darstellung einer Schlacht. Sie wiederholt – summarischer und zeichenhafter – das Wandbild »Marathon« von 1848 (Enkaustik auf Stein, Neue Pinakothek, München). Als »politische« wie »historische Landschaft« hatte hellsichtig Ernst Förster im »Kunst-Blatt« (Beilage zum Morgenblatt gebildeter Stände, 30. Jg., 1849, H. 12, S. 48) die düstere Marathon-Ansicht für König Ludwig I. von Bayern beurteilt; die Kenntnis der späteren Version hätte ihn darin nur noch bestärkt.
Bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts stand Griechenland unter fremder, überwiegend türkischer Herrschaft. Der langwierige Freiheitskampf der Griechen bereitete sich zwar vor, jedoch noch lange Zeit war das Land der klassischen Antike, das Hölderlin und Goethe besangen, nur mit Gefahr zu betreten. 1834/35 bereiste Rottmann in Vorbereitung eines geplanten Freskenzyklus zur griechischen Geschichte das verarmte Land mit der stolzen Vergangenheit. Es bot sich ihm in Griechenland, wie er seiner Frau nach München berichtete, ein »Bild der Zerstörung, es ist gräulich schön« (zit. nach: E. Bierhaus-Rödiger, Carl Rottmann, München 1978, Dokument 50). Die Zeichnung des Ortes Marathon, wo 490 v. Chr. die Griechen unter Miltiades den entscheidenden Sieg über die Perser errangen, setzte Rottmann erst 1848 und 1849 in das Wandgemälde sowie das abstraktere Leinwandgemälde um.
Über dem braunen Erdgrund, der an eine blaue Wasserfläche reicht, wölbt sich ein wolkenreicher Himmel. Erde und Himmel sind durch mehrere Kreisformen optisch miteinander verbunden. Dem äußeren Rund antwortet ein Oval im Zentrum des Bildes, im Himmel durch die gewölbte Regenfront begrenzt. Sie wird von dem unergründlich dunklen Streifen, der Wasser und Himmel trennt, durchzogen. An menschliches Geschehen erinnert allein eine turmartige Ruine. Die Transponierung des Geschehens ins Kosmische hatte Rottmann bereits in seinen Entwürfen zum Wandgemälde erprobt, nun führt er sie in einem Gemälde aus. Das menschliche Streben ist zum Kampf der Elemente abstrahiert. | Angelika Wesenberg
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