Die Bildnismalerei Leo von Königs um 1900 steht unter dem Einfluß seiner Freunde von der Berliner Secession und den Eindrücken eines mehrjährigen Aufenthaltes in Paris. Aus dem Zueinander von Berliner Vorbild und französischer Tradition entstehen die frühen, noch dem Impressionismus verpflichteten Werke. Das Bild »Am Frühstückstisch«, das Meisterstück des ersten Jahrzehnts in Berlin, zeigt die Frau des Künstlers, die französische Malerin Mathilde Tardif (1872–1931), mit deren, von Leo von König adoptierten Tochter Yvonne (1892-1956) am Tisch sitzend und im Hintergrund ein Mädchen, das eine Kanne herbeibringt.
Das auf dem elterlichen Gut Warringholz bei Hamburg gemalte Bild besticht durch seine kultivierte Malweise, die gedämpfte Farbigkeit, gestimmt auf Blau und Grau, und die ruhig-freundliche, stillebenhafte Zuständlichkeit. In vielerlei Hinsicht erinnert es an das Gemälde »Das Frühstück im Atelier« (1868, Neue Pinakothek, München) von Édouard Manet, in der Dreieckskomposition auch an dessen Bild »Der Balkon« desselben Jahres (Musée d’Orsay, Paris). Doch die Szenen, die Leo von König malt, sind umgebungsloser als jene von Manet; darin wiederum ist das Bild der »Unterhaltung« von 1908 seines Freundes Max Beckmann nahe (Nationalgalerie, Inv.-Nr. B 598). Zeigt Beckmann jedoch ein psychisch spannungsvolles Miteinander, so erscheinen die Personen in diesem Frühstücksstilleben schon etwas wie Königs weibliche Figuren der folgenden dreißig Jahre: sinnend und zurückgenommen, still und ein wenig mondän. Die subjektive Geste des aufgestützten Armes erscheint im Rückblick geradezu frei und lässig. | Angelika Wesenberg
de