Das für Böcklin so bedeutungsvolle Motiv der Brücke begegnet uns bei dieser bildmäßigen Studie einer italienischen Landschaft erstmals als ein zentrales Motiv. 1863 wiederholte Böcklin diese Komposition größer und ausgeführter für Johann Jakob Im Hof-Rüsch in Basel (Hamburger Kunsthalle).
Die Brücke über den ausgetrockneten Gebirgsbach ist durch ihre helle Farbgebung hervorgehoben und sie befindet sich genau in der Mitte der dargestellten Landschaft. Auf der Brücke sieht man die einzige menschliche Figur in diesem Bild. Sie schreitet auf einen Palazzo zu, der fern auf der Höhe sichtbar wird. Brücke und Wanderer sind Mittelpunkt einer harmonisch-friedlichen Landschaft. Böcklin ließ in späteren Bildern die Brücke auch einen Ort gefährlicher und dramatischer Geschehen sein.
Die Studie benutzt ein Kompositionsschema, wie es in Rom zur gleichen Zeit der Maler und Freund Heinrich Dreber bevorzugte, Haupt des Künstlerkreises Tugendbund, dem sich Böcklin 1850 angeschlossen hatte. Böcklin arbeitete, wie Dreber, mit einem quasi hochgeklappten Gelände, nahsichtig, die herbe Schönheit der Landschaft betonend (vgl. »Herbstmorgen im Sabiner-Gebirge«, Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 228). Und auch dieses Verfahren ist ambivalent: In der etwa zeitgleichen Komposition »Pan erschreckt einen Hirten« (Neue Pinakothek, München) ist die steil ansteigende Landschaft unsicherer, wegloser Grund. Später hat Giorgio de Chirico, der Böcklin hoch bewunderte, diese schrägen Raumbühnen in seine geheimnisvollen Ortsansichten transferiert, und häufig erscheint – wie bei Böcklin – auf der Höhe verheißungsvoll eine klassische Architektur. | Angelika Wesenberg
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