Ein längerer Studienaufenthalt in Nordfriesland 1888 unterstützte den grundsätzlichen Wandel Bokelmanns von einer figurenreichen Anekdotenmalerei Düsseldorfer Prägung (vgl. »Die Testamentseröffnung«, 1879, ehemals Nationalgalerie, Kriegsverlust, heute Muzeum Narodowe w Poznaniu) hin zur Darstellung unspektakulärer Gegenstände in unkonventioneller Sehweise. Die Hinwendung zu Landschaft und Volksleben seiner Heimat erfolgte seit etwa 1885; in diesem Jahr ließ sich sein Freund Hans Peter Feddersen auf einem Hof bei Niebüll nieder. Das erste größere Ergebnis dieses Neuanfanges war das »Nordfriesische Begräbnis« von 1887 (Museum Kunstpalast, Düsseldorf), vor einem ähnlichen Haus wie auf unserem Bilde. In der figurenreichen Darstellung mit großem Gefühlsgehalt steht es jedoch noch deutlich in der Düsseldorfer Tradition und unterscheidet sich stark von dieser – nur ein Jahr später gemalten – betont nüchternen Schilderung der kargen Landschaft ohne genrehafte Details und in gedämpfter, stumpfer Farbigkeit. Wohl aus diesem Grunde wurde das Bild in der Nachlaßausstellung 1894 als Ölstudie bezeichnet und daher für die Sammlung der Zeichnungen erworben.
Der in der Signatur genannte Ort Deezbüll befindet sich nahe Niebüll, dort wohnten die mit Bokelmann bekannten Maler Carl Ludwig Jessen und dessen Neffe und Schüler Benedikt Momme Nissen. | Angelika Wesenberg
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