»Freund Mohn«, schrieb Ludwig Richter am 6. Oktober 1872 an den Maler Johann Friedrich Hoff, »macht mit seinen eigenthümlichen und sehr hübsch ausgeführten Bildern großes Glück. Sie sind in der Regel verkauft, ehe sie fertig sind und zu Preisen, die man hier nicht gewöhnt ist und die auch kein anderer bekommt. Sein zuletzt gemaltes Bildchen, etwa doppelt so groß wie dieser ganze Briefbogen, ein Frühlingstag auf den Höhen des Plauenschen Grundes mit vielen allerliebst gemachten Figürchen vorstellend, ist nach Berlin verkauft für 750 rt.« (zit. nach: F. Hoff, Ludwig Richter als Freund, Frankfurt am Main 1903, S. 202). Das Bild, heute in der Nationalgalerie, war so erfolgreich, daß Mohn bis weit in die Mitte der 1870er Jahre Varianten desselben Motivs schuf. Stets sieht man das beliebte sächsische Ausflugsziel in erster Frühlingssonne mit adrett gekleideten Spaziergängern in zeitgenössischem Kostüm, hier eine Gruppe junger Mädchen in Tournüre, die durch die Landschaft des Plauenschen Grunds flanieren. Den Erinnerungen Ludwig Richters zufolge wurde dieser Landstrich unweit von Dresden damals gern zu sonntäglichen Landpartien genutzt (vgl. L. Richter, Lebenserinnerungen eines deutschen Malers, Frankfurt am Main 1890, S. 59–60), und so scheint das Bild vordergründig ein reines, vielleicht sogar real beobachtetes Freizeitmotiv zu geben. Im Nachlaß Mohns befand sich allerdings eine unvollendete Komposition, »Spaziergang im Vorfrühling« (Verbleib unbekannt), die einzelne Elemente des Gemäldes aufgreift, variiert und zu einem allgemeinen Jahres- und Lebenszeitenmotiv verdichtet. Der noch winterlich kahle Baum mit den Krähen zählt zu diesen sinnbildträchtigen Elementen genauso wie die Mädchen in der Blüte ihrer Jugend. – Vgl. auch das Bild »Spaziergang im Vorfrühling an der Elbe« von 1872 (1912 in Privatbesitz, Berlin-Friedenau; Abb. in: Westermanns Monatshefte, Bd. 112, Tl. 2, 1912, H. 672, S. 785, 790). | Regina Freyberger
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