Lesser Ury lebte im Alter zurückgezogen und eher spartanisch in seinem hoch gelegenen Wohn-Atelier am Nollendorfplatz. Eine festliche Ausnahme bildete der 60. Geburtstag am 7. November 1921, an dem er umfänglich gefeiert, auch zum Ehrenmitglied der „Berliner Secession“ ernannt wurde. „Schon am frühen Morgen kamen herrliche Blumenarrangements, und dann strömten die Gäste herein, mehrere hundert. Ein großer Teil des geistigen Berlins, eine Abordnung der Stadt Berlin, […].“ (Karl Schwarz, zit. nach Seyppel 1987, S. 118). Mehrere Quellen berichten, dass Ury noch am selben Abend begann, die Blumenbuketts zu malen, vielleicht aber ja auch die restlichen oder neu zusammengestellten Fruchtschalen? Eine ähnliche, kleinere Darstellung aus dem Nachlaß, Pastell auf Preßpappe, befand sich 1996 im Handel (Villa Grisebach, Auktion Nr. 49, Katalog 198, „Früchtestilleben“).
Ury hält die verschiedenen Früchte mit Freude an den Farbgegensätzen – weiß, gelb, dunkelblau und ein wenig rot – und an den verschiedenen haptischen Reizen der runden Formen in pastosem, raschem Ölfarbenauftrag fest. Die silberne Platte mit Papierserviette und das Beieinander von Bananen, herbstlichen Weintrauben und von Erdbeeren, letztere schon ein wenig matschig, deuten nicht auf eine alltägliche Situation; gut aber könnten die Früchte zur Feier des Tages in Lesser Urys Atelier gelangt sein. | Angelika Wesenberg
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