1865 verbrachte Paul Meyerheim einen längeren Studienaufenthalt in Holland und skizzierte Land und Leute. Zurück in Berlin nutzte er das vor Ort gewonnene Studienmaterial als Grundlage für größere Kompositionen. 1870 in Berlin und Paris, 1873 in Wien und 1888 in Antwerpen ausgestellt, zählt das Genrebild »Amsterdamer Antiquar« sicherlich zu den erfolgreichsten Ergebnissen dieser Reise. In gedämpft-trübem Licht zeigt Meyerheims Bild den Marktplatz einer holländischen Stadt. Vor den Treppengiebeln der Renaissancehäuser ist der Stand eines fliegenden Buchhändlers aufgebaut. Oktavbändchen und Folianten, in Pappe, Leder oder Pergament gebunden, sowie graphische Einzelblätter werden hier feilgeboten. Zwei jungen Waisenmädchen in schwarz-weißer Tracht hat es insbesondere ein kolorierter Bilderbogen angetan. »Meyerheim war es, der Holland für die deutsche Malerei entdeckt hat«, resümierte Hans Rosenhagen im Kalender auf das Jahr 1912 der Zeitschrift »Daheim« und fuhr fort, daß »in den prächtigen ›Holländischen Waisenmädchen beim fliegenden Buchhändler‹ von 1869 deutlich und klar die Note an[klinge], die mehrere Jahre später Liebermann und Uhde aufgenommen haben.« Max Liebermann dürfte das Bild Meyerheims noch bei seinem Onkel Adolph Liebermann von Wahlendorf gesehen haben, bevor dieser es aus finanziellen Gründen 1875 neben weiteren Werken verkaufte und die Nationalgalerie es zusammen mit vier anderen Bildern erwarb, darunter auch Menzels »Eisenwalzwerk« (Inv.-Nr. A I 201). | Regina Freyberger
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