Johann Baptist Lampi (der Ältere) war Ende des 18. Jahrhunderts einer der gefragtesten Porträtisten in Wien. Seine Bildnisse gehörten zu den besten ihrer Zeit, ihm gelangen sowohl repräsentative, mitunter pomphaft spätbarocke Adelsporträts als auch sachliche Charakterisierungen bürgerlicher Individualität. Im Auftrag des Fürsten Rasumofsky entstand 1806 ein Halbfigurenporträt des bereits zu Lebzeiten gefeierten klassizistischen Bildhauers Antonio Canova (1757–1822). Dieser hatte zwischen Juni und September 1805 in Wien geweilt, um die Aufstellung des von ihm entworfenen Marmorgrabmals für die verstorbene Erzherzogin Marie Christine von Österreich in der Augustinerkirche persönlich zu überwachen. Das heute in der Sammlung Liechtenstein in Vaduz bewahrte, dem Genie Canovas huldigende Bildnis zeigt den Meister im roten Mantelumhang vor Skulpturen des Christinen-Grabes; die antike Toga zeichnet ihn als Erneuerer der klassischen Kunst aus. Von diesem Werk schuf der Sohn des Malers, Johann Baptist Lampi der Jüngere (1775–1837) eine formatgleiche Wiederholung (113 × 92 cm, Akademie der bildenden Künste Wien). Lampi der Jüngere, der sich vom Stil seines Vaters nicht lösen konnte, erreichte mit dieser geringfügig abweichenden, härtere Konturen aufweisenden Kopie nicht ganz die Brillanz des Originals.
Eine weitere Version, die in der Sammlung der Nationalgalerie bewahrte ovale Teilwiederholung des Vaduzer Porträts, gibt das Antlitz und den Oberköper Canovas wieder. Aufgrund der überzeugenden malerischen Qualität, der weichen facettenreichen Modellierung der Gesichtszüge und des fast identischen Ausdrucks darf vermutet werden, daß dieses Werk von der Hand des Schöpfers des Originals, von Lampi dem Älteren, stammt und nicht, wie mehrfach angenommen, von dessen Sohn. Ob es sich hierbei um eine Vorarbeit für das Vaduzer Original oder um eine nach dessen Fertigstellung entstandene Replik handelt, muß offenbleiben. | Birgit Verwiebe
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