Die Bronzestatuette stellt die Göttin Seschat in stehender Haltung mit herabhängenden, eng am Körper liegenden Armen dar. Sie trägt über der Strähnenperücke einen Kopfschmuck, der aus einer Geierhaube mit einer Uräusschlange und der darüber liegenden Hieroglyphe ihres Namens besteht. Das hieroglyphische Zeichen setzt sich aus einer stilisierten Rosette auf einem Stängel, die von beiden Seiten von zwei sich anblickenden Schlangen umgeben ist, zusammen. Sie ist in einem eng anliegenden, knöchellangen Kleid gekleidet, über dem sie ein Halskragen trägt. An ihren Armen und Beinen sind zudem mehrere Arm- und Beinreifen zu sehen.
Seschat war die Göttin des Schreibens, Rechnens und Bauwesens, die schon seit der ägyptischen Frühzeit belegt ist. Zudem war sie für die Gründung und den Erhalt der Tempel sowie dem damit verknüpften Fortdauern des Königtums verantwortlich. In der Zeit nach dem Alten Reich wurde Seschat verstärkt dem König zugeordnet. Daher erscheint sie auch häufiger in der Ikonographie des mit dem König und Tempel verbundenen Wesenszugs. Obwohl Seschat häufig auf Flachbildern belegt ist, sind bisher nur sehr wenige rundplastische Darstellungen von ihr bekannt. Sie sind zudem alle in die Spätzeit zu datieren. Die Berliner Bronzestatuette ÄM 19656 gehört zu der extrem wenigen Belegen aus der Spätzeit für die Darstellung der Seschat in rundplastischer Umsetzung.
Bislang lässt sich die kultische Verehrung der Seschat lediglich vom Alten bis Mittleren Reich nachweisen. In der Spätzeit in Sais sowie ungefähr zeitgleich in Verbindung mit Thot in der oberägyptischen Stadt Hermopolis magna, ist der Kult der Seschat erneut belegt. Die spätzeitlichen Statuetten der Göttin könnten als Votivgaben in ihren Kultstätten geweiht worden sein.
(I. Liao)
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