Die schwarzblaue Wollborte war, wie Webekanten an beiden Längsseiten belegen, als schmales Band gewebt worden. Das Rapportmuster aus hellen Rosetten mit zwischengestellten halbierten Motiven täuscht jedoch einen Ausschnitt aus einem größeren Stoff vor. Diese Täuschung verdeutlicht die Ableitung solcher Wollborten von Seidenborten. Wegen ihrer Kostbarkeit hat man von diesen nur kleinere Abschnitte auf Kleidung appliziert, wobei dann die Motive im wahrsten Sinne des Wortes zerschnitten wurden. Wollborten wie diese imitieren Seidenborten, waren dabei aber kostengünstiger.
Nahtreste an einer Längskante belegen, dass auch die vorliegende Borte ursprünglich auf einem Grundgewebe befestigt war. Derartige meist dunkelblau- oder rotgrundige Wollborten mit hellem, geometrischem Muster in der Technik der Lancierung finden wir ausschließlich zur Verzierung von Tuniken und Kleidern, wo sie an Ärmelabschlüssen, Halsausschnitten oder Unterkanten angebracht wurden. Da an der relativ langen Borte keine Biegung erkennbar ist, saß sie wahrscheinlich an der Unterkante oder auf der Schulter.
Petra Linscheid (2011)
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