Im 2. Jh. v. Chr. zeichnete sich in der griechischen Kultur eine grundsätzliche Wende ab, die auch für das Römische Reich prägend werden sollte. Je stärker die eigene politische Macht nachließ, desto intensiver griff man in Griechenland auf bedeutende Leistungen der Vergangenheit zurück und aktualisierte sie. Neben Philosophie, Literatur und Rhetorik war ganz besonders die griechische Bildkunst nun stark retrospektiv geprägt. Diese Einbindung in die ´klassischen´ Traditionen beeinflußte den öffentlichen Bereich ebenso wie den persönlichen Lebensstil der Oberschicht. Durch die Integration des hellenistischen Ostens und damit auch Griechenlands in ihr Reich haben sich die Römer die griechische Kultur in ihrer historischen Gesamtheit intensiv zueigen gemacht. Diese kreative Aneignung läßt sich am Beispiel römischer Skulpturen besonders eindrucksvoll aufzeigen. Vorbilder aus der Zeit der griechischen Klassik wurden nicht nur genau kopiert, sondern häufig durch Veränderungen dem römischen Geschmack oder einer neuen Funktion angepaßt. In diesem Raum sind besonders instruktive Beispiele für diesen komplexen Verwandlungsprozess der griechischen Vorbilder versammelt und erläutert. Kopien und Umbildungen: Fast alle griechischen Originalwerke aus Bronze und Marmor, darunter auch die aus Schriftquellen bekannten Skulpturen berühmter Bildhauer, sind seit der Spätantike verloren. Glücklicherweise führte der Wunsch vieler Römer, Kopien dieser Meisterwerke zu besitzen, seit dem 1. Jh. v. Chr. zu einem lebendigen Kopistenwesen im gesamten Römischen Reich. Die griechischen Originale – vor allem Werke der Klassik aus dem 5. und 4. Jh. v. Chr. – wurden mittels Gipsabgüssen in den römischen Werkstätten verbreitet. Dort entstanden mehr oder weniger genaue Kopien aller Qualitäts- und Preisklassen für reiche Privatsammler und für die Ausstattung öffentlicher sowie privater Bauten. Diese Werke konnten wiederum die Vorlage für neue Kopien bilden. Daneben gab es Umsetzungen in anderem Maßstab oder Umbildungen, die einem neuen Kontext angepaßt waren. Da der größte Teil dieser Produktion in Marmor ausgeführt wurde, hat sich ein erheblicher Teil davon erhalten Für diese Kopien wurden im fast unerschöpflichen Repertoire der archaischen, klassischen und hellenistischen Kunst der Griechen Vorbilder gesucht, die dem römischen Geschmack entsprachen.
de