Der Maler lebte in Kyoto und stand so wie sein Onkel und Lehrer Ganku (1749–1838, Gründer der Kishi-Schule) in Diensten des Prinzen Arisugawa am Kaiserhof. Der Tiger, den Ganryō wie schon Ganku sehr oft malte, war einst in Ostasien als König der Bergtiere angesehen. Infolge seiner Zugehörigkeit zu den zwölf Tierkreiszeichen des zyklischen Kalenders ist er noch heute in ganz Ostasien tief in jedermanns Bewusstsein. Man pries seine Kraft und gewandte Beweglichkeit, mancher erhoffte sich gar mit seinem Abbild am Haustor nächtliche Damonen abschrecken zu können. Diese beeindruckende Raubkatze wurde jedoch während der Geschichte Chinas allmählich verdrängt und ausgerottet, in Japan gab es sie nie. Wie Raubvögel erfreuten sich aber auch Raubkatzen einiger Beliebtheit bei Auftraggebern der Elite. Die beiden Kishi-Maler haben diese Großkatze wohl nie lebend zu Gesicht bekommen. Legenden, chinesische Bilder, Felltrophäen und Hauskatzen waren für sie die einzigen zugänglichen Zeugnisse. Ihre Darstellungen des Fells ver-mitteln dennoch eine erstaunliche stoffliche Qualität und die Haltung der Tiere strahlen Macht und Dynamik aus.
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