Am 10. Januar 1927 schrieb Edmund Forster, seit April 1925 Leiter der Universitäts-Nervenklinik in Greifswald, an den befreundeten Max Liebermann: „Nach Beratungen mit mir hat Lattner Entwürfe für die Möbel und die Bemalung der Wände gemacht. Ich habe die schlechten Reproduktionen durch 12 Aquarelle und ein Ölbild ersetzt. Zwei bisher ganz vernachlässigte Veranden konnten so zu sehr schönen Räumen (ohne große Kosten) umgestaltet werden“ (Max Liebermann, Briefe, Band 8: 1927–1935, Baden-Baden 2019, S. 23). Forster plante, in Berlin einen Vortrag über die Neugestaltung seiner Klinik zu halten, und wollte Liebermann als Akademiepräsidenten darauf aufmerksam machen. In den Jahren bis 1932 erwarb Forster von Lattner aus dem nahen Anklam noch weitere Aquarelle und vier Gemälde. Im Herbst 1933 nahm sich Edmund Forster das Leben (vgl. „Schlafende“, A IV 201). 1937 erklärte der Universitätszeichenmeister Wilhelm Kästner fast all diese Werke Lattners zur „entarteten Kunst“, nachdem sie schon jahrelang in einem Bodenraum der Klinik abgestellt gewesen waren. Im Auftrag des preußischen Kultusministeriums wurden 20 der Bilder Anfang 1939 der Nationalgalerie zur Aufbewahrung überwiesen (Universitätsarchiv Greifswald, Kurator Nr. 450, Bl. 338–342). Das in dem Brief an Liebermann erwähnte, heute im oberen Teil schwer brandgeschädigte Gemälde zeigt einen Mann in kämpferischer Haltung, der die Stange der hinter ihm wehenden Fahne mit beiden Händen gleich einer Waffe hält. Lattner hatte sein malerisches Werk mit expressiven Darstellungen einzelner Personen begonnen, Titel entsprechender Bilder lauten: Siegfried, Elia, Judas. | Angelika Wesenberg
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