Der Name des Kunsthistorikers Erhard Göpel (1906–1966) ist mit dem Beckmanns untrennbar verbunden, erstellte er doch mit seiner Frau Barbara das 1976 erschienene Werkverzeichnis der Gemälde. Kennengelernt hatten sich beide bereits 1932 in Paris. Als Dolmetscher diente Göpel ab 1939 der deutschen Wehrmacht und beteiligte sich ab 1942 am NS-Kunstraub in den Niederlanden. In Amsterdam spielte er eine wichtige, unterstützende Rolle für Beckmann und dessen Frau Mathilde, genannt Quappi, die ihn fast als Sohn ansahen. Aber Göpel nutzte auch hier seine Position aus und „presste“ 1943 dem Maler ein Selbstporträt ab, das dieser bereits seiner Frau zugeeignet hatte – wohl das „Selbstbildnis in der Bar“ (NG 1/18; vgl. den Tagebucheintrag vom 15.4.1943 in Quappi Beckmanns unveröffentlichten Tagebüchern, Mathilde Q. Beckmann Diaries, 1941–1974, AAA Washington D. C.). Beckmann hat Göpel wie einen etwas anmaßenden Jungen inszeniert, der sich die Rolle des Gelehrten zumisst; der Darstellung eignet etwas Schauspielerhaftes. Eine Vorzeichnung des Kopfes vom 31. Mai 1944 (Privatbesitz) zeigt ein feist-arrogantes Gesicht mit Doppelkinn, was im Gemälde zurückgenommen wird. Dieses selbst ist ausgesprochen repräsentativ, großformatig und von auffallender farbiger Attraktivität, die in scharfem Gegensatz zur zeitgeschichtlichen Realität des Jahres 1944 steht. So ist es das ambivalente Bild eines Helfers und eines Profiteurs, der sich nach 1945 über Jahre „versteckt“ hielt, um dann als Beckmann-Forscher mithilfe eines alten Netzwerks Nachkriegs-(Kunst-)Geschichte zu schreiben. | Olaf Peters
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