Das Gemälde „Der Redner“ steht im Zusammenhang mit einem monumentalen Wandbild für den Sitzungssaal des Neuen Rathauses in Hannover. Mit diesem hatte die Stadt auf Empfehlung Max Liebermanns Hodler 1911 beauftragt. Etwa fünfzehn Meter lang und fast fünf Meter hoch, zeigt die Komposition „Einmütigkeit“ eine historische Szene: das Bekenntnis der Bürgerschaft zur Reformation auf dem Marktplatz der Stadt am 26. Juni 1533. In Hodlers 1913 vollendetem Wandgemälde ist der Wortführer Dietrich Arnsborg die zentrale Figur. Dargestellt in Untersicht, gewandet in feuriges Rot und mit einem schwarzen Barett auf dem Kopf, leistet er den Treueschwur. Das basisdemokratische Verfahren wird dadurch hervorgehoben, dass Arnsborg zwar erhöht auf einem Podest steht, jedoch als Primus inter Pares in die Gemeinschaft eingebunden bleibt. In dem Bild „Der Redner“ aus dem Vorjahr hingegen ist die Figur freigestellt. Mit ihrer großen deklamatorischen Geste verkörpert sie auch den Traum der Menschheitsverbrüderung, für den sich Hodlers Sohn einsetzte. Der 1887 geborene Hector Hodler war seit 1908 Direktor des Esperanto-Weltbundes und propagierte die künstliche Weltsprache als neues Mittel zur Verständigung aller Menschen. Für die Figur des Reformators Arnsborg stand er seinem Vater Modell. Es sind zahlreiche Vorzeichnungen und 15 in Öl ausgeführte Studien zum „Redner“ bekannt, von denen die Berliner Fassung die größte und eindrucksvollste ist. Auf der Rückseite der Leinwand findet sich ein Entwurf zum „Redner“ in der Standhaltung einer früheren Bildanlage. | Dieter Scholz
de