1968 überließ Albikers Sohn, Carl, der Nationalgalerie (Ost) zwei Plastiken in Gips zum unentgeltlichen Abguss in Bronze, was einer Schenkung gleichkam: die Aktdarstellungen „Trauernde (Torso)“ (B III 300) und „Sitzende (Torso)“. Beide Gipsmodelle mussten aus dem Atelier des Bildhauers Waldemar Grzimek in West-Berlin in den Ostteil der Stadt gebracht werden. Im Gegenzug hatte sich der Sohn des Künstlers Unterstützung bei seinen Nachforschungen über Arbeiten seines Vaters in der DDR, insbesondere in Dresden, erbeten (SMB-ZA, II A/NG 257, Bl. 144). Das Motiv des Torsos erinnert einerseits an Auguste Rodin, andererseits erscheint die „Sitzende“ wie eine Variation von Aristide Maillols Terrakottaplastik „Weiblicher Torso“ von circa 1905 (Karl Albiker. 1878–1961. Plastik, Zeichnung, Ausst.-Kat. Georgenbau, Dresden 1996, Abb. S. 14). Albiker hat hier schnell und lebendig modelliert einen Moment festgehalten, in dem sich der schmale Frauenkörper zurücklehnt und dabei den Kopf nach hinten links neigt: „Es ist eine leichte, fast unmerkliche Regung, die durch das Fragmentarische eigentümlich gesteigert wird“ (Sigrid Walther, Zur Ausstellung, in: ebd., S. 14). Das Gesicht ist – wie bei den Aktfiguren „Trauernde (Torso)“ und „Bewegung“ (B III 295) – nur schemenhaft ausgeformt. Die Proportionen wirken insgesamt leicht verzogen, der Rücken erscheint überlang, was durch die fehlenden Gliedmaßen verstärkt wird. | Uta Caspary
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