Infolge der Oktoberrevolution 1917 hatte der russische Bildhauer und Maler Jakimow den Gutshof seiner Familie verloren und fliehen müssen. Mit seiner Frau Annemarie, der Tochter des Berliner Bildhauers Max Kruse, ließ er sich im November 1918 in Berlin nieder. Er wurde Mitglied der Freien Secession und fertigte Porträtbüsten, unter anderem von dem Kunsthistoriker Ludwig Thormaehlen (1889–1956). Dieser war seit 1909 Mitglied des Kreises um den Dichter Stefan George und seit 1914 in der Nationalgalerie als Assistent des Direktors Ludwig Justi beschäftigt. Neben seiner Museumsarbeit betätigte sich Thormaehlen auch selbst als Bildhauer. Seine Porträtdarstellung durch Jakimow stammt aus jenem Jahr, in dem Thormaehlen eingebunden war in die Einrichtung der Neuen Abteilung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais Unter den Linden, das am 4. August 1919 eröffnet wurde. Jakimow zeigt Thormaehlen als gut aussehenden Dreißigjährigen mit schmalem Kopf auf langem Hals. Eine Haarsträhne fällt in die Stirn und signalisiert, dass der Porträtierte mit künstlerischem Eigenwillen ausgestattet ist. Jakimow arbeitete ab 1926 als Kunsterzieher an der Odenwaldschule, von 1928 bis 1930 formte er für das in Berlin-Charlottenburg durch Max von Oppenheim privat betriebene Tell-Halaf-Museum die Funde aus den Grabungen im Nordosten Syriens ab, restaurierte und ergänzte sie. | Dieter Scholz
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