Durch üppige Körperformen und die in sich ruhende Haltung unterscheidet sich diese Plastik einer Frau, die mit beiden Händen locker ein Tuch hält, stark von Albikers Aktfiguren der 1910er-Jahre (vgl. „Bewegung“, B III 295). Typisch für das Schaffen des Künstlers ab den 1920er-Jahren sind die starke Tektonik des Körpers und dessen haptisch betontes Volumen bei kontrapunktischer Drehung von Kopf und Rumpf. Plastiken wie dieses Unikat mögen dazu beigetragen haben, dass Albiker in der Nachkriegsrezeption kaum mehr eine Rolle spielte. Im internationalen Kunstschaffen westlicher Prägung war die figürliche Skulptur oft vereinfachend mit dem Generalvorwurf der Nähe zur NS-Kunst verknüpft. Ab 1933 hatte Albiker – nach kurzzeitigen politischen Schwierigkeiten, da er von Seiten der NS-Propaganda zunächst aufgrund seines liberalen Ansatzes in der Lehre als „formzersetzender Bildhauer“ und „Förderer des Kommunismus“ eingestuft wurde (vgl. Beate Eckstein, Im öffentlichen Auftrag. Architektur und Denkmalsplastik der 1920er bis 1950er Jahre im Werk von Karl Albiker, Richard Scheibe und Josef Wackerle, Hamburg 2005, S. 40f.; vgl. Karl Albiker. 1878–1961. Plastik, Zeichnung, Ausst.-Kat. Georgenbau, Dresden 1996, S. 112) – einige Staatsaufträge in der Denkmals- und Architekturplastik erhalten, meist vermittelt durch den Architekten Wilhelm Kreis. Auch konnte er einige seiner Werke auf der jährlichen „Großen Deutschen Kunstausstellung“ in München präsentieren. Die Mehrzahl seiner Arbeiten während der NS-Zeit waren jedoch kleinere Privataufträge, vor allem nicht umgesetzte Wettbewerbsbeiträge und Porträtbüsten. Ende Oktober 1933 schrieb er an seinen Freund Leopold Ziegler, besorgt und kritisch über die erstarkenden Nationalsozialisten: „Es ist mir gegangen wie fast jedem. Eine Meute von ‚sich an die Wand gedrückt fühlenden Mißvergnügten‘ rennt gegen einen an. Bis jetzt konnte ich parieren. Wie lange noch, weiß man nicht“ (zit. nach Ulrich Gertz, Der Bildhauer Karl Albiker, in: Werkbuch des Bildhauers Karl Albiker, Karlsruhe 1978, S. 10). | Uta Caspary
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